P. Caminada, Broschüre Canaux de montagne.

Die Via d’Acqua transalpina

Der Ingenieur Rudolf Gelpke (1873-1940) propagierte 1903 in seinem Masterplan die Schiffbarmachung des Hochrheins bis zum Bodensee, eine Verbindung von Rhein und Zürichsee und einem Kanal vom Genfersee zum Bodensee und die Rhein-Gotthard-Wasserstrasse mit Häfen in Flüelen und Biasca.

Der Bündner Ingenieur Pietro Caminada (1862-1923) hatte jedoch auch 1907 kühne Pläne: Die Via d’Acqua transalpina, ein schiffbarer Wasserweg über die Alpen. Der Ausbau der Wasserwege und Kanalnetze stand ganz oben auf der Agenda in Europa.

Die Broschüre ‘Canaux de montagne’ im Jahr 1907 zeigt ein neues Transportsystem von Genua durch die Poebene nach Mailand und an den Comer See, durch das Valle San Giacomo hinauf zum Splügenpass, auf 1.200 Metern Höhe, wo der Wasserweg durch einen 15 Kilometer langen Tunnel in die Roflaschlucht führt, dann durch die Viamala-Schlucht nach Thusis, auf dem Rhein in den Bodensee und weiter bis Basel. Die Schiffe sollen die grossen Steigungen mit ‘geneigten Röhrenschleusen’ überwinden.

Es war kein 1. April Witz. Der Ingenieur scharte Prominente, Politiker und Geldgeber um sich. König Vittorio Emanuele III. lobte den Erfinder. Die öffentliche Meinung und Zeitungen hielten das System auch durchführbar.

Der Gotthardtunnel (1882)  und der Suezkanal  (1869) waren schon gebaut. The sky was the limit. Es war die Zeit der Technikeuphorie und des Machbarkeitsglaubens. Nur einige Fachleute sprachen von Science-Fiction.

Das Projekt blieb jedoch   eine Utopie und so gibt es bis heute keine kletternden Schiffe in den Alpen.

(Quelle: H. Stalder, ‘Schiffe sollen klettern lernen’, in Neue Zürcher Zeitung, 23.11.2020).

Korrektur: Melinda Fechner