L’église Saint-Nicolas d’ Hérémence. Foto/Photo: TES.

Fünfzig Jahre Saint Nikolaus

Der 31. Oktober 1971 war ein besonderer Tag in Hérémence, einem Dorf im Hérémence-Tal (Kanton Wallis). An diesem Tag wurde die neue Kirche Saint Nicolas eingeweiht.

Ihre Vorgängerin aus dem Jahr 1770 war durch das Erdbeben von 1946 schwer beschädigt worden. Die erste Kirche im Dorf stammt aus dem 11. Jahrhundert. Eine neue Kirche wurde im 14. und 15. Jahrhundert gebaut. Gegenstände aus diesen Epochen sind auch in der neuen Kirche zu sehen.

Der Bau einer neuen Kirche war zu dieser Zeit keine Ausnahme. Zwischen 1955 und 1975 wurden in der Schweiz mehr als 250 neue katholische Kirchen errichtet.

Überfällige Instandhaltungsarbeiten, zunehmender Wohlstand, die Modernisierungspläne der katholischen Kirche (Zweites Vatikanisches Konzil 1962-1965), der Einfluss einer neuen Architektengeneration, darunter Le Corbusier (1887-1965) und seine Notre-Dame de Ronchamp (1954), der modernisch gesinnte Bischof François-Nestor Adam (1903-1990) von Sitten, und die reichliche Präsenz von Arbeitern und Baumaterialien (Beton) wegen des Staudamms La Grande Dixence von 1965 (einer der grössten Staudämme der Welt) bildeten den Kontext dieser neuen Kirchen.

Die Gemeinde legte fest, dass das Gebäude sowohl eine religiöse als auch eine weltliche Funktion haben sollte (Jugend- und Sporthalle, Schule, Bibliothek, Geschäfte). Der Bischof wollte der (alten) religiösen Symbolik und den Objekten jedoch einen zentralen Platz einräumen.

Walter Maria Förderer (1928-2006) war in Zusammenarbeit mit den beiden Kollegen Paul Morisod und Jean Kyburz für die Architekur des Gebäudes verantwortlich.

Föderers Werk wird auch als „skulpturale Architektur“ bezeichnet. Dies kommt auch in seinem Buch „Kirchenbau von heute für morgen“ (1964) zum Ausdruck. Sein Ziel war es, ein neutrales Gebäude zu entwerfen, das sowohl als Kirche als auch als Profanbau genutzt werden kann. Er war der Überzeugung, dass dies am besten durch die Gestaltung eines Gesamtkunstwerks erreicht werden kann.

Er betonte, dass ein Kirchengebäude das religiöse und soziale Zentrum der Gemeinde sein sollte. Der Ausgangspunkt ist die Kombination von moderner Skulptur und Architektur

Die Arbeiten begannen 1968. Das Gebäude ist eine Kombination von Skulptur und Architektur, aus Holz und Beton, aus Licht und religiöser und weltlicher Funktionalität.

Das Kreuz über der Sakristei stammt aus dem 11. Jahrhundert, die Pietà, der heilige Theodules (Schutzpatron des Wallis) und der heilige Nikolaus (Schutzpatron der Kirche) sowie die vier Evangelisten sind Statuen aus dem 14. und 15. Zahlreiche Gemälde und Fresken stammen aus der Kirche von 1770.

Die Kirche erfüllt alle Anforderungen an eine katholische Kirche (Kapelle, Altar, Sakristei, Taufbecken, Bestuhlung) in einem modernen Rahmen. Der Komplex verfügt auch über die oben erwähnten sozialen Funktionen.

Neben den Pyramiden von Euseigne und dem Staudamm von La Grande-Dixence ist die Kirche Saint Nicolas in Hérémence das dritte monumentale Bauwerk in diesem Tal.

Quelle: Anne-Fanny Cotting, Carole Schaub, Die Kirche Saint-Nicolas in Hérémence, Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte (www.gsk.ch), auch verfügbar in französischer und englischer Sprache.

Korrektorin: Melinda Fechner