Kasteel van Chambéry. Foto/Photo: TES

Savoyen und die Schweiz

Die Herzöge von Burgund, wer kennt sie nicht aus ihrer Blütezeit in der Zeit von 1363-1477. Der letzte Herzog, Karl der Kühne (1433-1477), verlor nicht nur drei Schlachten (Grandson, Murten/Morat (1476) und Nancy (1477), sondern auch sein Leben 1477 im Krieg mit der  Eidgenossenschaft.

Savoyen

Eine andere Dynastie in dieser Region, die Herzöge von Savoyen, ist weniger bekannt, hat jedoch eine viel längere und grössere politische Rolle gespielt als die Herzöge von Burgund.

Der Name Savoie ist von Sapaudia abgeleitet. Dieser Begriff stammt aus der gallorömischen Kultur des vierten Jahrhunderts. Bis zur römischen Herrschaft ab 120 v. Chr. bewohnte der keltische Stamm der Allobroger dieses Gebiet.

Die Dynastie von Savoyen entstand während und aus dem Zweiten Burgundischen Königreich (888-1032) in einem Gebiet, das sich im 15. und 16. Jahrhundert von den heutigen Departements Haute-Savoie und Savoie in Frankreich, der Waadt und dem Unterwallis in der Schweiz bis zum Piemont, dem Aosta-Tal und Turin in Italien mit Chambéry als Regierungssitz erstreckte.

Im 17. Jahrhundert hatte sich das Gebiet auf die Grafschaft Nizza ausgedehnt.  Ab 1563 war Turin die Hauptresidenz der Herzöge.

Savoyen und seine Nachbarländer

Jahrhunderte standen die Grafen und Herzöge in fast ständigem Konflikt mit dem französischen König, den westlichen Kantonen der Eidgenossenschaft (insbesondere mit Bern), der Stadt Genf und den sieben Zenden des Oberwallis.

Die Herzöge von Burgund waren im fünfzehnten Jahrhundert die „natürlichen“ Verbündeten Savoyens gegen den französischen König, die Eidgenossenschaft, die Stadt Genf und das Oberwallis.

Die Niederlagen Burgunds gegen die Kantone der Eidgenossenschaft in den Jahren 1476 und 1477 läuteten auch den Anfang vom Ende der savoyischen Präsenz auf dem Gebiet der heutigen Schweiz ein.

Die Eidgenossen (vor allem Bern und Freiburg) eroberten 1536 die Waadt. Das Oberwallis besetzte das Unterwallis. Diese Situation dauerte bis zur französischen Invasion und der Gründung der Helvetischen Republik (1798-1803) im Jahr 1798.

Die Waadt wurde ein Kanton (1803-1813) in einer Eidgenossenschaft unter französischer Kontrolle und trat der neuen Schweizerischen Eidgenossenschaft von 1815 bei. Das Unterwallis fusionierte mit dem Oberwallis zum französischen Vasallenstaat Wallis (1802-1810), zum Departement Simplon (1810-1813) und schliesslich zum neuen Kanton Wallis (1815).

Kulturelles und politisches Erbe

Die aussergewöhnliche Herrschaft der Savoyens dauerte länger als die Herrschaft der österreichischen Habsburger (1918). Die Nachkommen der Grafen (1029-1416) und Herzöge von Savoyen (1416-1713) waren Könige von Sizilien, Sardinien, Savoyen und Piemont unter dem Titel Könige von Piemont-Sardinien (1713-1860) und Könige von Italien (1860-1946).

Am 23. April 1861, nach der Auflösung des Königreichs Piemont-Sardinien durch die Gründung des Königreichs Italien im Jahr 1860, stimmten die Bürger von Savoyen in einem Referendum für das französische Kaiserreich von Napoleon III.

In der Schweiz (und anderswo in der Region) zeugen zahlreiche Schlösser, Klöster, Abteien und Städte von der Präsenz des Hauses Savoyen. Die Carrés savoyards, unter anderem in Morges, Rolle, Yverdon-les-Bains, Romont, Champvent und z.B. das Schloss von Chillon stehen noch stolz da.

Auch wenn Savoyen nicht mit dem Glanz und der Kultur der burgundischen Herzöge mithalten kann, geben die mittelalterliche Burg, die schöne gotische Kapelle, die Klöster und Kirchen, die Kathedrale und die Stadtpaläste, die (mittelalterlichen) Strassen in Chambéry und die vielen Kunstwerke im Musée Savoisien einen Eindruck vom grossen kulturellen Reichtum.

(Quelle: Thérèse en Jean-Pierre Leguay, La Savoie, Rennes, 2014).

Korrektorin: Petra Ehrismann