Der Simplonpass. Foto/Photo: TES.

Der Simplonpass, Kanonen, Kutschen und das Postauto

Schon die Römer, Säumer und Napoleon nutzten ihn: den Simplonpass. Gebirgspässe, Handel, Diplomatie und Krieg haben die Schweiz, diese Verkehrsachse Europas, seit Jahrhunderten zum Zentrum des wirtschaftlichen und strategischen Interesses gemacht.

Die Bergpässe

Ein anderer Kriegsherr, Hannibal, überquerte 218 v. Chr. mit seinem Heer und seinen Elefanten auch die Alpen, um seinen römischen Feind auf dessen Gebiet zu besiegen. Trotz mehrerer Siege war er nicht erfolgreich, aber sein Feldzug ist deshalb nicht weniger legendär.

Römische und griechische Historiker sind sich jedoch nicht einig, welchen Pass er zur Überquerung der Alpen nahm. Der Col de Montgenèvre, der Mont-Cenis, der Kleine oder der Grosse Sankt Bernhard werden oft als die naheliegendsten Optionen genannt. Wir werden es wahrscheinlich nie mit Sicherheit wissen.

Sicher ist, dass Kaiser Claudius (10 v. Chr.-54 n. Chr.) im Jahr 43 n. Chr. mit seinen Legionen den Grossen Sankt Bernhard auf dem Weg nach Britannien überquerte, das er in jenem Jahr tatsächlich eroberte.

Napoleon

Napoleon

Ein anderer Kriegsherr, Napoleon Bonaparte (1769-1821), nutzte die Schweizer Pässe auch für seine militärischen Pläne. Nachdem er 1798 die alte Eidgenossenschaft von dreizehn Kantonen erobert und die Helvetische Republik (1798-1803) gegründet hatte, befahl er, eine Strasse über den Simplonpass zu errichten.

Die Strasse musste breit und stabil genug sein für seine Kanonen und 100’000 Männer, ihre Pferde und ihre Ausrüstung. Am 9. Oktober 1805 wurde die Strasse von Brig nach Domodossola (63 km) eingeweiht, damals eine grosse Errungenschaft und eine technische Meisterleistung.

Das Wallis war von 1802 bis 1810 eine „unabhängige“ Republik, d.h. es stand unter der Kontrolle Napoleons. Von 1810 bis 1813 gehörte das Wallis als das Departement Simplon zum französischen Kaiserreich.

Säumer um 1890. Foto: Ecomuseum Simplon-Dorf

Säumer um 2000. Foto: Ecomuseum Simplon-Dorf

Jahrhundertelang wurde der Pass von Händlern (den so genannten Säumern), Pilgern, Diplomaten und anderen Personen und ab dem 17. Jahrhundert von der Postkutsche genutzt.

Das Stockalper-Hospiz aus dem 17. Jahrhundert und das Hospiz der Augustiner (im Auftrag Napoleons erbaut) aus dem 19. Jahrhundert erinnern an die glorreichen Zeiten dieses Passes, der aufgrund seiner relativ geringen Höhe (2005 m) manchmal sogar im Winter befahrbar war und es heute immer mehr ist.

Das Stockalper Hospiz

Der Augustiner Hospiz

Bis zum Bau des Gotthardtunnels im Jahr 1882 und des Eisenbahntunnels im Jahr 1906 nutzten Touristen und der (lokale) Verkehr den Pass.

Die Postkutsche und das Postauto

In ihrer Blütezeit, zwischen 1850 und 1906, beförderte die Postkutsche von Brig nach Domodossola Hunderttausende von Fahrgästen in Diligences und Landauer-Coupés, 28’190 allein im Jahr 1876! Täglich gab es mindestens vier Diligences in jede Richtung, und mehr als 150 Pferde wurden (täglich) eingesetzt.

Foto’s: Ecomuseum Simplon-Dorf

In diesen Zahlen ist der Transport zu Fuss, mit dem Schlitten im Winter oder mit eigenen Fahrzeugen noch nicht einmal enthalten. Dieser enorme Anstieg ist auch auf die Verstaatlichung der Postkutsche durch die 1848 neu gegründete Eidgenossenschaft zurückzuführen.

Nach dem Ende der Postkutschenära im Jahr 1906 und dem Bau des Eisenbahntunnels kam das berühmte gelbe Postauto. Im Jahr 1919 überquerte das erste Postauto den Simplonpass.

Im Jahr 1905 benutzten die ersten Personenwagen den Pass. Bis 1960 hatte die Nutzung so stark zugenommen, dass die alte Strasse von Napoleon vollständig modernisiert wurde, leider ohne Spuren seines Meisterwerks zu hinterlassen.

Foto’s: Ecomuseum Simplon-Dorf

Gondo, das Postauto in 2022: Foto: TES

Heute ist das Symbol des Passes ein riesiger Adler. Der Adler hat ein römisches oder deutsches Aussehen, wurde aber 1944 von der 11. Schweizer Grenzbrigade geschaffen. Dass dies die deutschen oder italienischen Diktatoren in den Jahren 1940-1945 abgeschreckt hat, ist unwahrscheinlich. Der Simplonpass war Teil der gewaltigen Verteidigungslinie und Festung des “Réduit” und jeder Pass war zu dieser Zeit eine Festung aus Granit, Stein und Fels.

Der Pass führt über den Grenzort Gondo nach Domodossola in Italien und von dort zurück in den Kanton Tessin. Auf dem Weg dorthin erwarten einen etliche Überraschungen auf italienischem Boden, wie die riesige Basilika im Dorf Re und die Berglandschaft des Piemont.

Korrektorin: Eva Maria Fahrni

Die Basilica della Beata Vergine Maria del Sangue di Re