Sta. Maria. Ritterhaus Chasa de Capol. Foto/Photo: TES

Das Ritterhaus Chasa de Capol

Die Schweizer Regierung traf sich am 12. Oktober in der Ortschaft Müstair im Val Müstair (Kanton Graubünden). Sechzig Jahre zuvor waren Regierungsmitglieder der damaligen Bundesrepublik Deutschland (BRD) und Kabinettssitzungen ein vertrauter Anblick im Ritterhaus in Sta. Maria, das nur wenige Kilometer von Müstair entfernt liegt.

Das Ritterhaus

Die Geschichte dieses monumentalen Dorfschlosses geht auf das 12. Jahrhundert zurück, aber erst seit 1962 wird es als Hotel genutzt. Im Jahr 1955 kaufte der Schweizer Musiker und Dirigent Ernst Theophil Amadeus Schweizer (1932-2021) den Komplex. Der in Basel geborene Musiker war Dirigent in Venedig und fand im Münstertal zwischen Basel und Venedig eine neue Heimat.

Ab 1955 renovierte er das baufällige Ritterhaus stilecht und beherbergte ab 1962 berühmte Gäste aus Politik, Wirtschaft, Kunst, Film und Musik, darunter Bundespräsident Theodor Heuss, Bundeskanzler Konrad Adenauer, Bundestagspräsident Eugen Gerstenmaier, Aussenminister Heinrich von Brentano, Ludwig Erhard und viele andere Regierungsmitglieder, aber auch Charly Chaplin, Herbert von Karajan, Albert Hofmann, Max Frisch, Friedrich Dürrenmatt und andere Berühmtheiten gehörten zu den Gästen. Sein Sohn Ramun Schweizer übernahm die Leitung des Hotels im Jahr 1997.

Vater und Sohn haben das Hotel mit grossem Respekt vor seiner jahrhundertealten Geschichte und Kultur renoviert und umgestaltet. Es handelt sich um ein Hotel, man fuhlt sich darin jedoch beinahe in einem Museum, selbst die Küche mit Ramun als Chefkoch basiert auf dem klassischen Holzofen, Kupferpfannen und regionalen Rezepten.

Ramun Schweizer vor seiner Küche

Innenbereich

Die jahrhundertealte Kapelle, die mittelalterlichen Mauern, die gotischen Gewölbe, der Kamin im Salon, die separate authentische mittelalterliche Küche mit Kaminofen, Kutschen und ein Oldtimer aus dem Jahr 1934 (ein schwarzer Citroën Traction Avant), der als Speisesaal dienende Rittersaal, die als Frühstücksraum genutzte Wohnstube, der Fondue-Raum, 12 authentisch eingerichtete Zimmer (mit Wifi, ohne Fernseher), die venezianische Marco-Polo-Bar, der Davidoff-Rauchraum und verschiedene andere Aufenthaltsbereiche schaffen eine gemütliche und einzigartige Atmosphäre.

Der Rittersaal

Der Frühstücksraum

Der Fondue-Raum

Der Davidoff  Rauchraum

Treppenabsatz mit Zugang zu den Zimmern

Das Theater, die Kapelle und der Weinkeller

Das Theater und sein Steinway-Flügel im obersten Stockwerk verdienen besondere Erwähnung. Das Theater wird immer noch für Konzerte und andere Veranstaltungen genutzt. Instrumente, Masken und Requisiten aus Venedig verweisen auch auf den Musiker und Dirigenten Schweizer. Natürlich haben auch Basel und die Basler Fasnacht einen besonderen Platz im Ritterhaus.

Das Theater

Die Kapelle

Der Weinkeller

Geschichte

Die Anfänge des Komplexes gehen auf das Jahr 1199 zurück. Die aus Venedig stammende Dynastie Polo liess sich in Sta. Maria nieder und wohnte dort bis 1839. Das Haus ist nach Ca-Pol, oder Hausmacht der Polo, benannt.

Dieses Geschlecht bekleidete Ämter in der Republik Venedig, im Bistum Chur und bei den Habsburgern und war auch wirtschaftlich in der Region aktiv, unter anderem für das Kloster St. Johann (Claustra Son Jon) in Müstair.

Nach der Eroberung des Veltlins, von Bormio und Chiavenna im Jahr 1512 durch die drei Bünde waren die Mitglieder der Dynastie Vogte (Podestà) im Veltlin.

Die Dynastie blieb während der Reformation katholisch. Die Augustinermönche hatten sogar ein Hospiz (wegen der Lage am Umbrailpass) und ein Refektorium im östlichen Anbau des Komplexes und nutzten die Hauskapelle.

Kaiser Friedrich von Habsburg erhob die Dynastie 1481 zu den Grafen von Capol. Im Jahr 1506 hielt sich Kaiser Maximilian im Ritterhaus auf. Nach dem Aussterben der Dynastie (im Jahr 1839) stand der Komplex bis 1955 leer.

Schlussfolgerung  

Ab 1955 erwachte das Ritterhaus Chasa de Capol zu neuem  Leben. Die kosmopolitische und kulturelle Atmosphäre sowie der Geist der Capols, des Val Müstair, des Handels, der Mönche, der Säumer (auf dem Weg von und nach Tirol über den Umbrailpass), der Kaiser, der Grafen, der Ritter und anderer Würdenträger ist in einem authentischen, musikalischen, venezianischen und Basler Dekor noch immer präsent.

Die Basler Fasnacht im Ritterhaus

Im Jahr 2000 wurde dem Ritterhaus sogar eine weitere ritterliche Ehre zuteil: In diesem Jahr wurde Ernst Theophil Schweizer zum Ritter vom Heiligen Grab zu Jerusalem geschlagen .

Die Urkunde

Die Anfänge dieses Ordens gehen auf das Jahr 1099 zurück, ein Jahrhundert vor dem Bau des Ritterhauses. Heute gibt es weltweit etwa 30 000 Ritter dieses Ordens. Die facettenreiche Persönlichkeit Ernst Theophil Schweizer – Musiker aus Basel, Dirigent in Venedig, Hotelier im Bündnerland – ist und bleibt wohl eine einmalige Erscheinung in diesem Orden.

Quelle und weitere Informationen: Ritterhaus Chasa de Capol