Ferdinand Behrens (1862-1925), Eugen von Habsburg, 1902. Foto: Wikipedia

Der letzte Habsburger in Basel

Eugen Ferdinand Pius Bernhard Felix Maria, der Erzherzog von Habsburg (1863-1954), wohnte von 1919 bis zum 23. Mai 1934 in einer Suite des Hotels “Les Trois Rois” in Basel.

Er war ein Neffe von Karl von Habsburg (1887-1922), dem letzten Kaiser des Habsburgerreiches. Beide mussten nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg (1914-1918) die neue österreichische Republik 1919 verlassen und zogen in die neutrale Schweiz.

Wilhelm II. (1859-1941), Kaiser des im November 1918 untergegangenen Deutschen Reiches, suchte und fand Zuflucht in den Niederlanden, die während des Ersten Weltkriegs ebenfalls neutral waren.

Der deutsche Kaiser wohnte bis zu seinem Tod in Huis Doorn und lebte zurückgezogen. Der letzte Habsburger-Kaiser unternahm jedoch zwei erfolglose Versuche, wieder König von Ungarn zu werden.

Die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn war 1918 aufgelöst worden. Der abgesetzte Kaiser war jedoch formell immer noch König von Ungarn. Die Alliierten, die den Krieg gewonnen hatten, verbannten ihn und seine Frau nach dem zweiten Putschversuch nach Madeira, wo er 1922 starb.

Eugen, im Basler Volksmund „der Erzi“ genannt, wählte einen anderen Weg als diese beiden Kaiser. Er war politisch nicht aktiv und in Basel eine beliebte Figur. Er war ein prominentes Mitglied des streng katholischen Deutschritter- Ordens und daher Junggeselle.

Hotel Les Trois Rois

Die Wahl Basels ergab sich zum einen aus persönlichen Kontakten, zum anderen aus dem neutralen Status der Stadt und aufgrund der deutschen Sprache. Ausserdem lag Basel in der Mitte Europas und war für die habsburgischen Exilanten ein idealer Ort für Familientreffen.

Erzherzog oder nicht, er meldete sich bei der Fremdenpolizei des Kantons Basel-Stadt:

Dass er sich speziell in Basel aufhält, erklärt sich daraus, dass er ein grosser Freund der Wissenschaften, namentlich der Geschichte und auch der Musik ist, also von zwei Gebieten, auf welchen Basel viel zu bieten vermag. Er verbringt dann auch einen guten Teil seiner Zeit im Basler Staatsarchiv.

(Erzherzog Eugen von Habsburg-Lothringen, Begleiterin Zoe Schildenfeld, Kammerdienaar Richard Schönwalder, Aufenthaltsort: Hotel Drei Könige. Grund der Aufenthaltsbewilligung: wissenschaftliche und historische Studien (Fremdenpolizei des Kantons Basel-Stadt, 1920, Staatsarchiv Basel-Stadt, Sig. PD-REG 3a 27649)

“Les Trois Rois” war daher Schauplatz zahlreicher Familientreffen, an denen auch Otto von Habsburg (1912-2011), der Sohn des letzten Kaiserpaares, und Maria Christina von Österreich (1858-1929), Eugens Schwester und Königin von Spanien, teilnahmen. Das jahrhundertealte Hotel (sein ursprünglicher Name war “Drei Könige”) erhielt einen Hauch von Royalty zurück.

Wie ein wahrer Monarch bewegte sich Eugen nicht nur in der Basler High Society, dem „Daig“ (im Volksmund benannt nach dem Stadtteil St. Alban), sondern hatte Umgang mit allen Einwohnern. So war der sicher für die damalige Zeit und für die Schweiz sehr lange Eugen nicht zu übersehen.

Er war mit dem Tram unterwegs,  sprach mit  Passanten, Marktverkäufern oder Arbeitern, ass regelmässig ausserhalb seines Hotels und war ein treuer Besucher der Fasnacht und des “Morgestraichs” am Montagmorgen um 04.00 Uhr.

Im calvinistischen Basel fand der gläubige Katholik viele Freunde und führte ein reiches kulturelles und gesellschaftliches Leben.

In dieser Zeit hatte der Zölibatär auch eine treue Gefährtin, die Schriftstellerin Zoe von Schildenfeld (1890-1981). Ihrem Buch „Erzherzog Eugen, 1863-1954: ein Gedenkbuch„, 1963 in Innsbruck erschienen, verdanken wir die Informationen und Details über seine Zeit in Basel.

Doch dann kam das Jahr 1933. In Deutschland kamen die Nationalsozialisten an die Macht. Die Lage in Österreich wurde immer instabiler. Im Jahr 1934 ergriff Engelbert Dolfuss (1892-1934) die Macht und errichtete ein autoritär-katholisches Regime.

Eugen erhielt die Erlaubnis, nach Österreich zurückzukehren. Am 23. Mai 1934 fuhr sein Zug (er reiste zweiter Klasse!) nach Wien. Die Abfahrt des Zuges wurde begleitet von einer berühmten Fasnachtsclique mit Piccolos und Trommeln, eine hohe Ehre für einen Ausländer.

Einer der Gründe für seinen Weggang war seine Sorge über den aufkommenden Nationalsozialismus. Er war ein entschiedener Gegner dieses Regimes in Deutschland und fürchtete um die Zukunft Österreichs. Als prominenter österreichischer Bürger wollte  er seinen Einfluss nutzen, um das Blatt zu wenden, was ihm leider nicht gelang.

Nach dem Anschluss (März 1938) verhaftete ihn die Gestapo und stellte ihn unter Hausarrest. Sein Status bewahrte ihn vor Schlimmerem. Nach dem Krieg liess er sich in Meran (Italien, bis 1919 österreichisches Südtirol) nieder.

In dieser Region befehligte er als Feldmarschall kaiserliche Truppen während des Ersten Weltkrieges. Basel besuchte er nachher noch regelmässig. Das Hotel “Les Trois Rois”, der „Daig“ und alle anderen Basler und Baslerinnen empfingen ihren “Erzi” immer herzlich.

Der Kreis war also fast geschlossen. Im 13. Jahrhundert wollten die aufstrebenden Habsburger Basel zur Hauptresidenz ihres Reiches machen. Die Bürger waren jedoch anderer Meinung und wollten die (finanzielle) Belastung und die militärische Präsenz einer kaiserlichen Residenz nicht auf sich nehmen.

Tatsächlich war die Stadt rückblickend bereits auf dem Weg zu einem republikanischen Kanton, und auch in anderen Teilen der späteren Eidgenossenschaft gab es Widerstand gegen die habsburgischen Herrscher. Die Folgen, darunter die Niederlagen der Habsburger in den Jahren 1315, 1386, 1415, 1460 und 1499, sind bekannt. Basel wurde 1501 Mitglied der Eidgenossenschaft. Die Reformation vertrieb den Fürstbischof und sein adeliges Gefolge ab 1527.

Die Habsburger und ihre Herrscher spielten ab 1500 keine politische Rolle mehr in Basel und besuchten die Stadt erst wieder im Juni 1919.

Quelle: Zoe von Schildenfeld (1890-1981), Erzherzog Eugen, 1863-1954: ein Gedenkbuch, Innsbruck, 1963

Korrektorin: Eva Maria Fahrni