Riikka Tauriainen, Meike Vogt, Plankton Imaginary, 2023, Installation, Experimental Ecology, KBH.G Foto: Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G

Wer sich fragt, was Plankton, Bakterien, Geruch und Duft, Lachs, Empathie für Fische und das wundersame, aber weitgehend unbekannte Ökosystem der Ozeane mit Kunst zu tun haben, sollte die neue Ausstellung in der Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G besuchen (Eintritt und Katalog sind jeweils kostenlos).

Die Stiftung widmet den ökologischen Herausforderungen unserer Zeit eine interaktive Ausstellung (EXPERIMENTAL ECOLOGY – Kunst x Wissenschaft im Dialog). In fünf thematisch unterschiedlichen Projekten dokumentiert sie die Auseinandersetzung transdisziplinärer Teams mit aktuellen und drängenden Fragen aus Bereichen der Ökologie, Biologie und Klimaforschung.

Die Ökologie als wissenschaftliche Disziplin erkennt die inhärente Komplexität und Vernetzung natürlicher Systeme an. Kuratorin Martina Huber und Kurator Gianni Jetzer haben 2022 das Projekt EXPERIMENTAL ECOLOGY 2022 als Plattform für Künstler- und Wissenschaftle:innen im Bereich Ökologie ins Leben gerufen.

Es wird zunehmend klar, dass diese Komplexität über die Wissenschaft hinausgeht. Auch die Kunst is gefragt. Das Projekt  EXPERIMENTAL ECOLOGY postuliert die Notwendigkeit die ökologischen Untersuchungen durch interdisziplinäre Zusammenarbeit einzugehen.

Die Ausstellung  unterstreicht das Potenzial der Kunst, nicht nur die Dringlichkeit  ökologischer Probleme und Entwicklungen zu vermitteln und die Öffentlichkeit zu mobilisieren, sondern auch die unfassbare Schönheit der Natur zu zeigen und zu verstehen.

Der Mensch war nie von der Natur getrennt, und nur wenn wir unsere Evolutionsgeschichte und die Herausforderungen verstehen, mit denen alle Organismen konfrontiert sind, können wur unsere eigene Natur wirklich schätzen. Wir sind Tiere und wie jedes andere Tier ein Teil der natürlichen Welt. Wir müssen also zuerst die Ökologie dieser Welt verstehen” (Alex Jordan, EXPERIMENTAL ECOLOGY – Kunst x Wissenschaft im Dialog, S. 39. Basel 2023)

Die fünf internationalen Teams und ihre Projekte

Ingo Niermann, Alex Jordan, 2023, Welcome to My World, Installation, Experimental Ecology, KBH.G. Foto: Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G

Fische, Menschen und Empathie

Der Künstler und Autor Ingo Niermann und  der Biologe Alex Jordan stellen im Projekt Welcome to My World die Frage: «Wie fühlen Fische?» oder «Wie fühlt man wie ein Fisch?». Sie schaffen ein KI-Szenario, in dem Besucher und Besucherinnen Empathie mit einer eher unscheinbaren Meereskreatur sowie für ihr Leben und Fühlen entwickeln können, denn für die Künstler steht fest, «dass das Meer die grösste Herausforderung für die Ausweitung der menschlichen Liebe ist». Ein ausstellungsbegleitender Workshop findet am 12. September statt.

Sissel Tolaas, Christina Agapakis, The Suiss_ The Cheese, 2023, Installation, Experimental Ecology, KBH.G. Foto: Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G

Geruch, Käse und Menschliche Haut

Die Geruchs-Researcherin Sissel Tolaas und die Biologin Christina Agapakis beschäftigen sich mit der Wahrnehmung und Akzeptanz von Geruch in der Gesellschaft. Sie erforschen die mikrobiellen Elemente des menschlichen Körpergeruchs, der einen ganz ähnlichen mikrobiellen Ursprung hat wie der Geruch von Käse (im Projekt The SUISS_The Cheese). Um diesen Zusammenhang weiter zu erforschen, experimentieren sie mit der Herstellung von Käse unter Verwendung von Starterkulturen, gesammelt auf menschlicher Haut. Es gibt am 7. Oktober einen Workshop.

Michelle-Marie Letelier, Karin Pittman, Salm Ethos, 2023, Installation, Experimental Ecology, KBH.G. Foto: Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G

Lachs und Lachszucht

Die Meeres- und Fischbiologin Karin Pittman und die Künstlerin Michelle-Marie Letelier gehen gemeinsam der Frage nach, inwieweit fehlende Empathie dem erfolgreichen Kampf gegen den Klimawandel im Wege steht. In ihrem Projekt Salm Ethos befassen sie sich mit den geopolitischen Auswirkungen des Lachszuchts, der von Firmen aus dem globalen Norden im globalen Süden eingesetzt wird. Genau hier liegt die Problematik: Lachse sind in der südlichen Hemisphäre (Chili, zum Beispiel) nicht heimisch, dennoch werden sie dort für den globalen Markt gezüchtet. Diese und weitere Fragen werden im interaktiven Theaterstück Salm Ethos bearbeitet, das drei Mal während der Ausstellung zur Aufführung kommt  (20. September, 1.Oktober und 29.Oktober).

Zheng Bo, Matthias Rillig, The Political Life of Plants 2, 2023, Installation, Experimental Ecology, KBH.G. Foto: Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G

Pflanzen und ihre Welt

Der Künstler Zheng Bo und der Biologe Matthias C. Rilling diskutieren die Beziehung zwischen Mensch und Pflanzen in The political Life of Plants 2. Dazu beziehen sie die Biologie, die Ökonomie und die Politik der Pflanzen genauso mit ein wie die Anhäufung von Plastik in Böden und der Wasserwelt. «Die Bodenökologie ist von entscheidender Bedeutung für die Bereitstellung einer Vielzahl von Ökosystemen, die dem Menschen dienen, sowie für die Eindämmung des Klimawandels.» Wie verändern sich Pflanzen durch den Klimawandel, wie passen sie sich an, und wie können wir Menschen ihre Perspektive einnehmen. Durch die Umkehr von Perspektiven und Rollen werden Pflanzen auf eine ganz neue Art entdeckt.

Riikka Tauriainen & Meike Vogt, Plankton Imaginary, 2023, Installation, Experimental Ecology, KBH.G. Foto: Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G

Plankton-Motor der Evolution (Siehe auch Microscopia. Le plancton, du Léman à l’océan)

Welche Rolle spielt Plankton im marinen Ökosystem und in der Regulierung des Erdklimas?. Mit dieser Fragestellung mit dem Titel Drifting into the Plankton Imaginary lassen die Der Künstlerin Riikka Tauriainen und die Klimaforscherin und Meeresökologin Meike Vogt in die uralte Welt des Plankton eintauchen. «Plankton reagiert empfindlich auf Umweltveränderungen und sein Zustand korrespondiert mit dem Wohlergehen des gesamten Meereslebens”.  Ein Workshop findet am 21. Oktober statt.

Fazit

Kunst kann Veränderung anstossen, davon sind die Kuratorin Martina Huber und der Kurator Gianni Jetzer (und die Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G) überzeugt:

«Die Ökologie ist heute ein weit verzweigtes Wissensgebiet in dem sich interessante Unterkategorien entwickelt haben. Im letzten Jahrzehnt ist der Einfluss des Menschen auf die Biosphäre der Erde zu einem drängenden Thema geworden, das auf verschiedenen Ebenen behandelt wird. Oft werden künstlerische und wissenschaftliche Ansätze aber getrennt, da es kaum Raum für einen Austausch gibt. Das wollen wir ändern“ (Martina Huber und Gianni Jetzer, EXPERIMENTAL ECOLOGY – Kunst x Wissenschaft im Dialog, S. 17-22. Basel 2023).