Landschaft, Landwirtschaft und Demokratisierung im Entlebuch und Emmental

Die Landschaft des UNESCO-Bioreservats Entlebuch im Kanton Luzern und des Emmentals im Kanton Bern ist in einem Prozess von mehr als 200 Millionen Jahren entstanden.

Ozeane und Meere, die Entstehung der Alpen, kalte und warme Perioden, die Bildung von Seen und Flüssen sowie die Ablagerung von Gesteinen und Sedimenten und das anschliessende Verschwinden der Seen formten die heutige Landschaft. Diese Gebiete am Rande der Alpen zeichnen sich durch Hügellandschaften und Sumpfgebiete (Moore) aus.

Das Steinmösli

Das Räbloch im Emmental ist eines der Ergebnisse dieses Prozesses. In der letzten Eiszeit (28 000-10 000 v. Chr.) war dieses Gebiet vom Emmegletscher bedeckt. Durch die Schmelze unter der Eiskappe entstand der Fluss Emme, der während Jahrtausenden durch das Gestein strömte. So entstand die heutige Schlucht mit einer Höhe von 70 Metern. Auch die Naturbrücke ist damals entstanden. Noch heute bahnt sich die Emme ihren Weg unter dieser Naturbrücke hindurch.

Räbloch, Naturbrücke und Emme

Das Überqueren der Grenze zwischen dem Entlebuch und dem Emmental geschieht heute unbemerkt. Wer zum Beispiel von Escholzmatt (Entlebuch) via Marbach diese Grenze nach Schangnau (Emmental) überquert, hat davon keine Ahnung. Das war früher anders.

Das Entlebuch erscheint im 12. Jahrhundert als „Entilibuoch“ oder „Entelinbuoch“. Damals erhielt derjenige, der als erster ein Gebiet für Ackerbau und Viehzucht rodete, das Land, in diesem Fall die Herren von Wolhusen. Um 1300 erhielt Habsburg das Gebiet, aber 1405 erwarb Luzern das Entlebuch als Pfand und später als Besitztum.

Eine Gämse

Schaugnau

Bis 1218 herrschten die Zähringer im Emmental, von 1218 bis 1273 die Grafen von Kyburg und von 1273 bis 1386 (Schlacht bei Sempach) herrschten die Habsburger über das Gebiet. Seither gehört das Emmental zu Bern. Unterschiedliche Münzen, Gewichte, Grenzsteine und Religionen trennten  das Entlebuch (katholisch) und das Emmental (protestantisch) während Jahrhunderten.

Was die Bewohner beider Regionen jedoch verband, waren eine hoch entwickelte und spezialisierte Landwirtschaft, (internationale) Handelsbeziehungen und die Opposition gegen die oligarchische Regierungsstruktur der Städte Luzern und Bern.

Escholzmatt, Franz Josef Stadler (1757-1833), Pfarrer, Politiker, Bildungsreformator und etnografischer Forscher  

Escholzmatt, Christian Schybi (1595-1653), Führer im  Bauernkrieg

Diese Unzufriedenheit führte schliesslich zum Bauernkrieg von 1653 und zu einer Allianz von Bauern aus dem Emmental und dem Entlebuch (sowie Solothurn und Basel). Der unmittelbare Grund für den Aufstand war die sich verschlechternde wirtschaftliche Situation. Die Aufständischen wollten aber auch eine Veränderung der Herrschaftsstrukturen hin zu mehr Demokratie.

Obwohl der Aufstand kurzfristig keinen Erfolg brachte, war er langfristig ein weiterer Schritt, um über neue und demokratischere Machtstrukturen in der Schweiz nachzudenken. Damit unterscheidet sich der Bauernaufstand in der Schweiz von anderen Bauernaufständen in Europa, die vor allem auf praktische Verbesserungen abzielten.

Von Marbach oder Escholzmatt (Entlebuch) nach Schangnau, Schallenberg und Röthenbach (Emmental) sind es im wahrsten Sinne des Wortes nur ein paar Schritte. Die Geschichte des gemeinsamen Aufstands kommt heute nur noch in Denkmälern, historischen Publikationen und Erzählungen zum Ausdruck. Dennoch ist sie bedeutend für die Entstehung der Verfassung von 1848 und der direkten Demokratie in den Jahren 1874 und 1891.

thenbach

Der Schweizer Alpen-Club (SAC)

Der Schweizer Alpen-Club (SAC, Sektion Basel) organisiert regelmässig Wanderungen in diesem Gebiet (und anderswo im Land). Obwohl der Name anderes vermuten lässt, organisiert der SAC nicht nur (Ski) Touren in den Alpen, sondern auch Wanderungen und Aktivitäten in anderen Regionen. (Weitere Informationen: www.sac-cas.ch)

Korrektorin: Eva Maria Fahrni

Naters, 1 212 m.