Neun Künstlerinnen auf Korsika


Die Künstlerin Chantal Convertini (*1992)  mietete im Sommer 2021 ein Haus auf Korsika und lud acht Kolleginnen, die sie bis dahin nur auf Instagram kannte, zu einer Art Workshop ein.

Das Experiment wurde zu einem kleinen Wunder, denn die Gruppe harmonierte nicht nur auf fotografischer, sondern auch auf menschlicher Ebene. So entstanden in wenigen Tagen hunderte von Fotos: Selbstporträts, Akte, Gruppenaufnahmen, Details, Landschaften. Vieles entstand aus dem Moment, aus der Stimmung heraus und die Fotografien zeigen auch, wie das Vertrauen untereinander mit jedem Tag grösser wurde.

Der Titel der Ausstellung (Of Corse) ist kein gesuchtes Wortspiel. Er zielt auf den Ort hin, wo diese magischen fotografischen Momente ihren Ursprung haben, aber er meint auch die Natürlichkeit mit der diese Aufnahmen entstanden sind.

Die Künstlerinnen setzen sich vornehmlich mit ihrem Körper, ihrem Selbst, mit Geslecht und Identität auseinander. Das Kollektiv einigte sich auf das Projekt und so ist ein wirkliches Gemeinschaftswerk entstanden.

Bilder: Felicitas Schwenzer, Charlotte Grimm

Auch war ursprünglich nicht geplant, diese teilweise sehr intimen Fotos in einer Ausstellung zu zeigen. Aber nur in dieser Gruppe zusammen zu sein. Dies hat einen Raum geschaffen, in dem Nacktheit nicht nur schön war, sie war auch lustig und ganz ohne Scham, kraftvoll, vertrauensvoll und vollkommen angstfrei.

Nur Chantal wusste, dass es ein Angebot für eine Ausstellung in der Kulturstiftung Basel H. Geiger gab, und sie informierte den Anderen erst am letzten Abend.

Korsika war die Insel der Wahl für dieses Projekt, doch Zeit und Raum sind austauschbar, die Menschen sind viel wichtiger. Die Ausstellung zeigt die Fotos nicht als einzelne Kunstwerke, sondern als eine Reise und ein Zusammensein von neun Künstlerinnen.

Die Ausstellung zeigt Werke von: Chantal Convertini, Lena Aires (*1987), Charlotte Grimm (*1993), Dafni Planta (*1993), Monika Jia Rui Scherer (*1995), Felicitas Schwenzer (*1995), Mayara Scudeler (*1989), Catia Simões (*1989) und Shannon Tomasik (*1991).

Bilder: Lena Aires, Dafni Planta

Replika des Wohnzimmers auf Korsika

Bilder: Lena Aires

Eintritt frei und Katalog gratis

Ein moderner Impressionist aus Berlin


Die Ausstellung „Zwischen Pathos und Patos. Christophor Lehmpfuhl. Sammlung Würth“ zeigt rund 35 Werke aus der Sammlung Würth, ergänzt um einige Leihgaben des Künstlers Christopher Lehmpfuhl, vorwiegend grossformatige Ölgemälde, Aquarelle und  Exponate aus dem Zyklus «Neue Heimat» (2019) aus den letzten zwei Jahrzehnten.

Abtei Maria Laach, 2008 und Gotischer Kreuzgang (Magdeburg). Sammlung Würth Inv. 12558 en Sammlung Würth Inv. 14519

Wer in das Schaffen Christopher Lehmpfuhls eintaucht, begibt sich auf eine Reise durch die Geschichte der Malerei und auf eine Reise mit dem Maler. Im Alter von 12 Jahren unternahm er mit seinen Eltern seine erste Weltreise. Sein zweites Erlebnis war der Besuch einer Impressionisten-Ausstellung im Alter von acht Jahren.

”Ich male mit allen Sinnen. Dabei spielt das Licht – wie im Impressionismus – eine enstcheidende Rolle, um einen Ort weniger an seinen Wahrzeichen als an seinen Licht zu erkennen”. (Christopher Lehmpfuhl).

Diese Erfahrungen waren entscheidend: er wollte Maler werden, die Welt erfahren und sie ins Bild bringen mit der ihm eigenen Technik. Er malt in der Tradition der Impressionisten, bei Wind, Regen, Hitze, Kälte immer im Freien und mit der Überzeugung, dass Kunst ein Medium ist, um der Subjektivität des Künstlers Ausdruck zu verleihen. Seine Werke entstehen meist auf seinen vielen Reisen.

Christopher Lehmpfuhl auf Helgoland. Dockumentation von Sebastian Schrade

Er ist im Jahr 1972 in Berlin geboren, wo er auch heute noch lebt.. Zu Beginn seiner Laufbahn arbeitete Lehmpfuhl überwiegend mit kleinen Formaten, die mit den Transportmöglichkeiten wuchsen. Er schleppt immer noch seine Leingewände und Ölfarben eigenhändig mit.

Er hatte in den ersten Jahren nur sein Velo zur Verfügung und deshalb malte er im Freien nur kleine Bilder. Heute besitzt er einen Lieferwagen und malt seine Bilder meist in grossen Formaten.

Christopher Lehmpfuhl mit seinem Lieferwagen auf Island. Dockumentation von Sebastian Schrade

Er scheut weder hohe Berge, noch weite Reisen oder widrige Wetterbedingungen.Er klettert auf die Krater Islands und malt die dortigen Geysirlandschaften, er reist nach Helgoland und arbeitet vor Ort in der Stadt bei eisiger Kälte, Sturm und Regen, und er besucht regelmässig Asien und die USA. Seine “Orte des Geschehens” sind Berge, Meeresküsten, Lavaebenen, Städte oder Wüste. Was er in einer Landschaft erlebe, verwandelt er in Malerei. Eine wichtige Rolle spielen die Lichtstimmungen, Himmel, Wolken, Sonne.

„Der Zyklus Die Neue Mitte vom Rückbau des Palastes der Republik ist das umfangreichste, was ich bisher realisiert habe und mein künstlerischer Beitrag zur Wiedervereinigung“ (Christopher Lehmpfuhl).

Der Schlossplatz Berlijn, 2014. Sammlung Würth, Inv. 18192

Starke Lichtveränderungen, scharfe Farbkontraste, Naturphänomene wie Regenbögen und Stürme auf dem Meer sowie urbane Transformationsprozesse überträgt der Künstler dabei so, dass für den Betrachter erfahrbar wird, was er sieht.

Dabei entstehen plastische Stadt- und Naturlandschaften. Seine Arbeiten entfernen sich von Merkmalen der klassischen Landschaftsmalerei. Stattdessen trägt er Ölfarbe von Hand direkt auf die Leinwand auf.

Er tut dies mit einer solchen Präzision, dass Repräsentation und Interpretation auf der Leinwand koexistieren und eine Erzählkraft entsteht, die den Betrachter in die Stimmung versetzt, in der das Werk entstanden ist.

“Ich liebe Farbmassen. Wenn die gemalten Gegenstände ins Driedimensionale gehen, sich geradezu in Farbe auflösen, macht mich das glücklich” (Christopher Lehmpfuhl).

Er bringt die dicke Ölfarbe mit der Hand direkt auf die Leinwand und nicht mit einem Pinsel. Schliesslich ist ein Pinsel etwa 30 Zentimeter davon entfernt, während seine Hand in direktem Kontakt mit der Leinwand steht.

Christopher Lehmpfuhl auf Island und Helgoland. Dockumentation von Sebastian Schrade

Ergänzt wird die Ausstellung um einzelne Objekte, die den Arbeitsprozess des Künstlers erahnen lassen. In einem separaten Filmraum sind zudem drei Dokumentarfilme zu sehen, die unter der Regie von Sebastian Schrade 2010, 2014 und 2016 an sehr unterschiedlichen Orten entstanden sind und es ermöglichen, den Künstler in seinem kreativen Schaffen zu erleben.

Korrektorin: Petra Ehrismann

Koblenz-Panorama, 2014, Sammlung Würth Inv. 16716

Christopher Lehmpfuhl auf Island. Dockumentation von Sebastian Schrade

Junge Malerei aus Süddeutschland und der Deutschschweiz


Lin Olschowka (1995), Off the Boat, 2021. Foto/Photo: TES.

Mit einer grenzüberschreitenden Ausstellung befragen das Museum zu Allerheiligen Schaffhausen und das Kunstmuseum Singen gemeinsam den aktuellen Stand der Malerei in Süddeutschland und in der Deutschschweiz.

Der Titel der Ausstellung lautet ‘Ohne Titel’. Diese Bezeichnung wird von Kunstschaffenden häufig als Werktitel genutzt, um die Wahrnehmung der Betrachterinnen und Betrachter nicht vorab in eine Richtung zu lenken. Die Werken in der Ausstellung haben einen Titel.

Lin Olschowsa (1995), Scheinlingszwack, 2022; Marianna Tilly (1995), ‚Men Crying: Disco Locker Room, 2021, und ‚Hitting In The Material World 1/3‘, 2022.

Es geht um die Bandbreite und den Facettenreichtum der Malerei. Eine ideale Möglichkeit, um die Malerei der Gegenwart dieser Region näher kennenzulernen. Die Grenze zwischen den beiden Institutionen und Ländern zu überwinden ist auch ein Ziel dieses Projekt.

Kultur ist (fast) immer transnational. Das Kunstmuseum Singen ist der modernen und zeitgenössischen Kunst gewidmet. Die Kunstabteilung des zu Allerheiligen Museums in Schaffhausen beinhaltet die (religiöse) Kunst vom Mittelalter bis 1945 und moderne und zeitgenössische Kunst. Das Universalmuseum beherbergt drei weitere Abteilungen: Archäologie, (Kultur) Geschichte und Naturkunde.

Sophia Sadzakov (*1992)

Süddeutschland und die Deutschschweiz waren immer ein gemeinsamer (sprachlicher) Kulturraum. Die nationalen Grenzen haben seit Napoleon auch diese Region geprägt. Städte, wie Laufenburg, Kaiserstuhl und Rheinfelden wurden getrennt, neue Grenzen gezogen.

Die kulturellen Zentren waren immer mit einander verbunden in dieser Hochrhein- und Bodenseeregion. Das Bistum Konstanz, das ehemalige Kloster Allerheiligen in Schaffhausen und, zum Beispiel, das Kloster Sankt Georgen in Stein am Rhein (Kanton Schaffhausen)  sind die Zeugen. Kaiser Heinrich II. (973-1024) verlegte im 11. Jahrhundert dieses um 970 in Singen gegründete Kloster nach Stein am Rhein.

Die heutige Zusammenarbeit mit der Ausstellung ‘Ohne Titel’ ist ein ‘back to the roots’ Initiativ.

Museen sind aber auch Platformen für aufstrebende Künstler und Künstlerinnen. Die Ausstellung versteht sich auch als Platform, um das Potential der jungen Malerei in der Region sichtbar zu machen.

Ebenso grundlegend sind die Fragestellungen, mit denen die Ausstellung an die Malerei herantritt. Zentrale Leitgedanken sind die Abbildung malerischer Tendenzen, die aktuelle Kraft der Malerei, die neuen Einflüsse, die Fragen unserer Zeit für die Malerinnen und Maler und die alten und neuen kunsthistorischen Strömungen.

Die Auswahl von Werken von 57  teilnehmenden Malerinnen und Malern zeigt bis zum 16. April die neue Malerei: die Malerei ist zurück, lebendig, sinnlich, lustvoll, energiegeladen.

Dana Greiner (*1988)

Robert Matthes (*1982)

Theo Huber (*1987)