Das Rütli am Urnersee, ein Eid und eine Amtsenthebung

„Der Weg der Schweiz“ ist eine historische Strasse (Wanderweg) entlang des Urnersees, dem südlichsten Arm des Vierwaldstättersees. Seine Länge beträgt rund 35 Kilometer und ist in 26 Etappen für die 26 Kantone aufgeteilt.

Die Reihenfolge der Etappen wird durch das Jahr des Beitritts der Kantone zur Konföderation bestimmt. Deren Länge  richtet sich nach der Einwohnerzahl des jeweiligen  Kantons im Jahr 1991, wobei  pro Einwohner 5 mm veranschlagt werden.

Der Urnersee

Aufgrund dieses Konzepts ist es nicht verwunderlich, dass das Rütli als die sogenannte Wiege der Schweiz  die erste Station dieser Route ist. Es ist unerheblich, ob an diesem Ort 1291 die drei ersten  Mitglieder Uri, Schwyz und Unterwalden (Obwalden en Nidwalden) einen Eid ablegten, um ihr Bündnis zu ratifizieren. Auf jeden Fall ist es eine schöne Geschichte, die in den politischen und historischen Kontext passt. Das Gleiche gilt für Wilhelm Tell.

Der Schwurplatz

Im Spätmittelalter gab es in diesem Teil Europas viele Bündnisse zwischen Städten. Aber nur die Schweizer Eidgenossenschaft hat es bis ins 19.   Jahrhundert geschafft.

Tatsache ist, dass ein authentisches Dokument aus dem Jahr 1309 ein Bündnis zwischen diesen Orten bestätigt. Es folgte ein langer Prozess der Staatsbildung von einer losen Konföderation von immer mehr Orten und Städten (das Wort Kanton stammt aus dem 16. Jahrhundert) bis zur modernen Eidgenossenschaft im Jahr 1848.

Sich gegen den Souverän, im  vorliegenden Fall Habsburg und seine Vögte, zu wehren, war in diesen religiösen Zeiten jedoch eine Todsünde. Es musste eine Rechtfertigung geben, und das ist der Hintergrund von Wilhelm Tells Geschichte. Immerhin war der Landsherr (der Vogt Gessler) ein Tyrann. 1291 oder 1309 dachten die Eidgenossen aber noch nicht daran, einen eigenen Staat zu gründen.

 ‚Acte van Verlatinghe‘, 1581. Foto: Wikipedia

Ein ähnlicher Fall von Auflehnung ereignete sich in den Niederlanden im Jahr 1579 mit der Gründung der Utrechter Union (einer Konföderation von sieben souveränen Provinzen (Kantonen) mit einer Staten-Generaal (Tagsatzung)).

Mit der anschliessenden ‚Acte van Verlatinghe‘  (1581) wurde der spanische König als Souverän abgesetzt. Die gründliche und religiös begründete Motivation war dieselbe wie in der Wilhelm-Tell-Geschichte: Der Herrscher ist ein Tyrann und deshalb und nur deshalb ist die Amtsenthebung gerechtfertigt.

Umso mehr erstaunt es, dass in der Schweiz gewisse Kreise so viel Energie aufwenden, Bücher und Artikel schreiben und (wissenschaftliche) Forschung betreiben, um den „Eid“ von 1291 oder die Wilhelm-Tell-Geschichte als Unsinn abzutun.

Bild: Rütli Museum

Tatsache ist, dass diese Eidgenossenschaft heute ein einzigartiges demokratisches System in Europa und vielleicht sogar in der Welt hat.

Auch die Wirtschaft, die Währungspolitik, die multikulturelle und internationale Gesellschaft, die Kultur, die Wissenschaft und die Forschung sowie der Respekt und der Umgang mit der Natur sind auf einem hohen Niveau.

Der Weg zum Rütli

Das Rütli, am Fusse des Dorfes Seelisberg (Kanton Uri) gelegen, ist ein symbolischer Ort, den man aus gutem Grund schätzt. Eine Wanderung von Seelisberg zum Rütli dauert rund eine Stunde bergab.

Mit anderen Worten: Ein Spaziergang von Seelisberg aufs Rütli ist ein kleiner Spaziergang, aber was in dieser Region vor über 700 Jahren begann, war ein entscheidendes Ereignis  für die Entstehung der heutigen Konföderation.

(Quelle und weitere Informationen: Weg der Schweiz)

Der Kleine und der Grosse Mythe und Schwyz (Kanton Schwyz) und Brunnen (Kanton Uri) 

Sisikon

Das Rütli Museum

Die Rütliwiese

Seelisberg, Ort einer Weltregierung, Internationaler Konferenzen und Tagsatzungen

Seelisberg (Kanton Uri) ist ein altes alemannisches Dorf an der Grenze zum Kanton Nidwalden. Für ein kleines Dorf hatte es schon im Mittelalter eine grosse Unabhängigkeit vom (habsburgischen) Grundherrn, inklusive Marktrecht und Gerichtsbarkeit.

Trotz seiner Lage auf über 800 m Höhe, 400 m über dem Urnersee, war sein Treibhafen ein wichtiger Knotenpunkt für die Schifffahrt auf dem Vierwaldstättersee (inkl. dem Urnersee).

Vielleicht waren dieser Hafen und die Schifffahrtsverbindung auch der Grund für die Treffen von Vertretern der Orte Uri, Schwyz und Unterwalden im Mittelalter, zum Beispiel auf dem Rütli.

Anders als manchmal behauptet wird, zum Beispiel auf Schildern auf dem Rütli, war die Schifffahrt im Mittelalter das schnellste und sicherste Verkehrsmittel. Das Rütli ist als Ort für (geheime) Zusammenkünfte gar nicht so unwahrscheinlich, auch angesichts seiner abgelegenen, aber auf dem Wasserweg gut erreichbaren Lage. Jedenfalls fanden in Seelisberg im 17. und 18. Jahrhundert auch mehrere Tagsatzungen statt.

In Seelisberg gibt es auch eine mittelalterliche Wallfahrtskapelle mit dem treffenden Namen Maria Sonnenberg. Dieser Name rührt von der sonnigen Lage des Dorfes her. Die gesunde Bergluft, die Lage am Urnersee und die vielen Sonnenstunden gaben im 19. Jahrhundert den Anstoss zur Entwicklung des Kurortes Grand Hotel Sonnenberg.

Im Grand Hotel Sonnenberg fand 1947 die noch heute relevante interreligiöse und internationale Konferenz gegen Antisemitismus statt. Seit 1972 ist der Sonnenberg das Zentrum der selbsternannten „World Government of the Age of Enlightenment‘.

Seit 1854 ist der Treibhafen eine Haltestelle für Dampfschiffe. Die Seelisbergbahn ist seit 1916 in Betrieb. Vor allem aber ist Seelisberg ein wichtiger Ort an der historischen Strasse „Wiege der Schweiz“.

An dieser Route liegen 12 Orte, darunter das Rütli, verschiedene Sehenswürdigkeiten im Dorf und das Grand Hotel Sonnenberg mit einer schönen Aussicht auf den Urnersee und das Gotthardmassiv.

(Quelle und weitere Informationen: Gemeinde Seelisberg)

Korrektorin: Petra Ehrismann

 Grand Hotel Sonnenberg

Die Kapelle Maria Sonnenberg

Impressionen von der Umgebung