Dada und der Ruderclub Aviron Roman in Zürich (1914-1918)

1916 ist nicht nur das Jahr, in dem Dada gegründet wurde. Dada entstand in Zürich aus einer Initiative von Künstlern und Künstlerinnen, die vor dem Ersten Weltkrieg (1914-1918) und dem ‚alten Europa‘  in die Schweiz geflohen waren.

In ihren Augen hatte die alte Kunstwelt zu dieser Katastrophe beigetragen, sie jedenfalls nicht verhindert. Auch Schweizer und Schweizerinnen waren mit von der Partie. Die Treffen von Dada fanden im Cabaret Voltaire an der Spiegelstrasse 1 statt. Dada als Bewegung existierte nur kurze Zeit, bis 1920, aber sein Einfluss reicht bis heute.

Membres du club vers 1910. Foto: 125 ans Aviron Romand

Nur einen Kilometer entfernt fand in Zürich ein weiteres bemerkenswertes Ereignis statt. Im Jahr 1892 hatten fünf (ausländische) Ruderclubs ihre Clubhäuser am Seeufer: der Seeclub, Nordiska (aus den vier nordischen Ländern Finnland, Norwegen, Schweden und Dänemark), der Polytechniker Ruderclub Zürich, ein ungarischer Club und der Club Aviron Romand (gegründet 1892).

Der Pilot Raoul Coquard (1892) in einem Bréguet XIV. Foto: 125 ans Aviron Romand (Archive Familie Coquard)

Zur Zeit des Röstigrabens, während der Kriegsjahre, meldeten sich 36 französische, westschweizerische und elsässische Mitglieder des Aviron Romand freiwillig in der französischen Armee.

Darüber hinaus dienten sie in der Eliteabteilung der Armee, den Luftstreitkräften. Noch bemerkenswerter ist, dass die französische Escadrille BR 218, die Einheit, in der sie dienten, sogar das Logo des Aviron Romand übernahm.

Sie kämpften in der Luft an allen Fronten: in Verdun, an der Somme, in Noyon, Saint-Quentin, Flandern, Mont Kemmel und an der Marne. Sie haben sogar zwei Dicke Berthas zerstört! Ihr Prestige war so gross, dass die Staffel 218 nicht weniger als sieben Orden erhielt! Fünf Freiwillige überlebten jedoch nicht, sechs wurden verwundet.

Dieser Krieg fand vor über 100 Jahren statt. Dennoch existiert der Aviron Romand noch immer in der schönen Anlage am Genfersee, ebenso wie Nordiska, der Seeclub und der Polytechniker Ruderclub Zürich.

Aviron Romand kämpft nicht mehr in der Luft, sondern rudert ausschliesslich auf dem Zürchersee, manchmal zusammen mit anderen Westschweizer Clubs (z.B. mit la Société Nautique Neuchâtel), aber immer noch in einem internationalen Kontext mit einem französischen Club, der ebenfalls in der Anlage vertreten ist.

Das Logo des Aviron Romand ist so einfach wie seine Taten gross sind: Drei horizontale rote Streifen, die auch heute noch das Vereinsgebäude zieren!

(Quelle: 125 Jahre Aviron Romand, Zürich 2017)

Korrektorin: Giuanna Egger-Maissen

Die Pfaffengasse am Bodensee und am Rhein

Kaiser Maximilian I (1459-1519) des Heiligen Römischen Reiches nannte den Rhein von Chur bis Utrecht auch die „Pfaffengasse.”Der Rhein bietet diesen Anblick von Chur, über Konstanz, Basel, Strassburg, Worms, Speyer, Mainz, Bonn, Köln, Xanten, Nimwegen bis Utrecht.

Die Region an den Ufern des Bodensees kann analog als “Klosterstrasse” bezeichnet werden. Weit über 300 Klöster (!) hat es in dieser Region bis zur Reformation gegeben, an Kirchen und Kapellen noch viel mehr. Zu viele, um sie alle aufzuzählen. Sie zeigen aber, dass diese Region der heutigen Länder Österreich, Schweiz und Deutschland eine reiche kulturhistorische Vergangenheit hat.

Mehrere Jakobswege und Zugangswege führen durch die Schweiz.

Mehrere Jakobswege und Anschlusswege führen durch die Schweiz (Bildquelle: www.jakobsweg-dachverband.ch)

Irische und englische Mönche waren die Gründer der ersten Klöster im 6. und 7. Jahrhundert. Im 8. Jahrhundert gründeten fränkische Herrscher viele Klöster, zuerst die Merowinger und dann die Karolinger. Besonders wichtig in dieser Hinsicht waren die Regierungszeiten von Karl dem Grossen (748-814) und seinem Sohn Ludwig dem Frommen (778-840).

Danach stifteten die Könige und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und die von ihnen eingesetzten Äbte und Bischöfe von 962 bis zur Reformation im 16.Jahrhundert viele Klöster.

Bis zum 11. Jahrhundert war der Benediktinerorden die einzige monastische Gemeinschaft. Mit dem Aufkommen neuer monastischer Orden stieg die Zahl der Klöster stark an. Franziskaner, Dominikaner, Zisterzienser, Augustiner, Kapuziner, Kartäuser und verschiedene andere Orden (für Männer und Frauen) waren auch in der Bodenseeregion vertreten.

Die bedeutendsten Klöster passten ihre Kirchen, Wohn- und Arbeitsstätten den sich wandelnden künstlerischen Stilen und kulturellen Erkenntnissen an, andere behielten ihren ursprünglichen Stil mehr oder weniger bei. So finden sich in der Region karolingische, romanische, gotische Baukunst sowie Renaissance-, Barock- und Rokokostile.

Eine einfache Kapelle bei Höchst, Vorarlberg

Auch die Reformation (16. Jahrhundert) und die napoleonische Zeit sowie in der Schweiz die kantonalen Entscheidungen (19. Jahrhundert) haben ihre Spuren hinterlassen. Viele Klöster wurden aufgehoben und abgerissen, andere wurden einer anderen Nutzung zugeführt. Einige Klöster wurden für die medizinische und seelsorgerische Betreuung eingerichtet, andere erhielten eine kulturelle oder rekreative Funktion. Die Klosterkirche behielt  dann oft ihre religiöse Funktion. Eine kleine Anzahl von Klöstern wird noch immer von Mönchen oder Nonnen bewohnt.

Bregenz

Eine Reise durch die Bodenseeregion kann in Bregenz (Vorarlberg, Österreich) anfangen. Diese Stadt ist nicht nur für ihre jährlichen Festspiele bekannt, sondern auch für das Kloster Wettingen-Mehrerau (1095) sowie die Martinskirche (1361) und die Galluskapelle (1079) auf dem Gipfel des Hügels. Die Promenade am Bodenseeufer führt vom Kloster bis ins Zentrum der Stadt. Etwas weiter entfernt liegt das ehemalige Kloster Thalbach (1436), das heute ein geistliches Zentrum ist.

Kloster Wettingen-Mehrerau

Die Oberstadt

Die St. Martinskirche

Lindau

Schon die Römer bewohnten die Halbinsel Lindau (Bayern, Deutschland), und an der Stelle des römischen Badehauses stehen seit dem Mittelalter die Stadtmauer und die Festung. Das um 822 gegründete Kanonissenkloster  wurde 1803 aufgelöst, das Franziskanerkloster folgte im Jahr 1224 und wurde ebenfalls 1803 aufgelöst. Der bayerische Löwe und der berühmte Leuchtturm bewachen nach dem Auszug der Nonnen und Mönche die Halbinsel.

Das Kanonissenkloster und die Klosterkirche

Das Franziskanerkloster

Der bayerische Löwe und der Leuchtturm

Der Mangturm, 12. Jahrhundert

Salem

Die Abtei Salem (1136) war bis zu ihrer Auflösung im Jahr 1805 eines der reichsten Klöster der Region. Wer durch die üppigen französischen Gärten und die barocke Anlage geht, muss seine Vorstellung von asketischem klösterlichem Leben ändern. Das gotische Münster und das barocke Schloss passen gut in dieses Bild der Gegensätze. Der Kontrast zum noch bestehenden Kloster Werd (Kanton Thurgau) auf der anderen Seite des Untersees (dem westlichen Ausläufer des Bodensees) könnte nicht grösser sein.

Kloster Salem. Foto: Carsten Steger

Birnau

Das ehemalige Kloster Birnau (1227) bei Überlingen war bis ins 19. Jahrhundert als Marienwallfahrtsort bekannt. Die Rokokokirche aus dem 18. Jahrhundert ist heute die grosse Attraktion, nachdem das Kloster 1803 aufgelöst wurde. Im Jahr 1919 erwarb das Kloster Wettingen-Mehrerau die Kirche und 1971 erhob sie der Papst zur Basilica minor.

Priorei Birnau. Foto: Kloster Mehrerau

Siessen

Das Kloster Siessen (1260) überlebte die Reformation und die Zerstörung im Dreissigjährigen Krieg (1618-1648). Das Kloster wurde 1803 aufgelöst, aber 1860 wieder zum Leben erweckt. Mit einer Unterbrechung in den Jahren 1935-1945 ist das Kloster mit etwa 70 Nonnen immer noch in Betrieb.

Kloster Siessen. Foto: Kloster Siessen

Hegne

Das Nonnenkloster von Hegne nimmt eine besondere Stellung ein. Es wurde erst 1856 gegründet. Die Nonnen gehören zur Gemeinschaft der Barmherzigen Schweistern vom heiligen Kreuz, die weltweit 2 800 Nonnen zählt.

Konstanz

Das Bistum Konstanz bestand von 585 bis zu seiner Auflösung im Jahr 1821. Das einst mächtige Bistum erstreckte sich bis 1803 sogar bis ins Kleinbasel! Das Konzil von Konstanz (1414-1418) war der Höhepunkt des Bistums, der Tiefpunkt war die Verbrennung von Jan Hus im Jahr 1415.

Konstanz trat 1527 zum protestantischen Glauben über, der Bischof floh nach Meerburg (der Bischof von Basel floh im selben Jahr nach Pruntrut (Porrentruy), heute Kanton Jura).

An Klöstern mangelte es der Bischofsstadt nicht, nur wurden bis auf eines alle aufgelöst. Die wichtigsten sind das 1603 gegründete und 1816 aufgelöste Kapuzinerkloster, das 1236 gegründete und 1785 aufgelöste Dominikanerkloster auf der sogenannten Dominikanerinsel, das 1240 gegründete und 1808 aufgelöste Franziskanerkloster und das 983 gegründete und 1802 aufgelöste Benediktinerkloster Petershausen. Das Münster steht immer noch stolz da, auch ohne Bischof.

Ehemaliges Franziskanerkloster (heute ein Theater)

Kapitelhaus des Dominikanenklosters

Ehemaliges Dominikanerkloster (heute ein Hotel)

Das Münster von Konstanz

Der Hafen von Konstanz und Imperia (1993), zur Erinnerung an das Konzil von Konstanz (1414-1418)

Kloster Zoffingen

Das Kloster besteht seit 1257. Zunächst war es eine Beginengemeinschaft, später ein Kloster für Augustinerinnen und seit 1318 für Dominikanerinnen. Das Kloster besteht heute noch, wenn auch mit einer kleinen Anzahl betagter Bewohnerinnen.

Kreuzlingen

Die Abtei Kreuzlingen (heutiger Kanton Thurgau, Schweiz) war eine mächtige Fürstenabtei im Heiligen Römischen Reich. Nach der Zerstörung im Dreissigjährigen Krieg wurde das Kloster wiederaufgebaut, aber 1803 aufgelöst.

Johann Sadeler, um 1633 (Staatsarchiv Thurgau, Frauenfeld).

Foto: Roland Zumbuel/Wikipedia. Das ehemalige Kloster heute

Münsterlingen

Die Benediktinerabtei Münsterlingen (Kanton Thurgau) wurde im Jahr 986 gegründet. Als Münsterlingen 1524 protestantisch wurde, blieb die Abtei bestehen. Die Klosterkirche wurde sogar nach Schweizer Art von Katholiken und Protestanten gemeinsam genutzt. Der Thurgau war von 1460-1798 Untertanengebiet der Eidgenossenschaft. Protestantische und katholische Kantone oder Orte regierten dieses Gebiet. Das Kloster wurde 1848 aufgelöst.

Reichenau

Die Insel Reichenau wird nicht umsonst als Klosterinsel bezeichnet. Seit dem Jahr 2000 gehört sie sogar zum UNESCO-Weltkulturerbe. Die Gebäude von drei Klöstern sind noch (teilweise) erhalten: St. Markus und Maria in Reichenau-Mittelzell, St. Peter und Paul in Reichenau-Niederzell und St. Georg in Reichenau-Oberzell.

Rorschach

Eine besondere Geschichte betrifft die Klosteranlage Mariaberg in Rorschach (Kanton St. Gallen). Die Klosteranlage wurde 1489 fertiggestellt, dann aber von Bürgern aus Appenzell und der Stadt St. Gallen zerstört, bevor sie geweiht und als Kloster genutzt wurde. Das reiche kirchliche Leben stand bereits eine Generation vor Martin Luther in der Kritik. Ein Heer der Schweizerischen Eidgenossenschaft (St. Gallen und Appenzell waren (noch) keine Mitglieder) stellte jedoch 1490 die Ordnung wieder her, und das Kloster wurde in der Folge wieder aufgebaut, allerdings nicht als Kloster, sondern als Residenz des St. Galler Abtes.

Es entstand ein gotischer Komplex, der allerdings 1529 durch einen Bildersturm teilweise zerstört wurde. Nachfolgende St. Galler Äbte bauten die Residenz wieder auf, wobei der Höhepunkt  die prächtige spätbarocke Vorhalle von 1777 ist.

Mit der Aufhebung der Abtei St. Gallen im Jahr 1805 verlor auch die Klosteranlage Mariaberg ihre Funktion. Seither beherbergt sie verschiedene Bildungseinrichtungen des Kantons St. Gallen.

Schlussfolgerung

In der Region gibt es auch viele Kapellen, Kirchen und andere christliche Zentren, die zum Teil aus aufgelösten Klöstern hervorgegangen sind. Etwas weiter landeinwärts, rheinaufwärts und rheinabwärts befinden sich viele weitere Klöster, zum Beispiel in Disentis, Chur, Pfäfers, St. Gallen, Paradies, Stein am Rhein, Werd, Ittingen, Schaffhausen oder Rheinau, um nur einige zu nennen. In der Bischofsstadt Basel gab es bis 1527 nicht weniger als 10 Klöster.

Vom frühen bis zum späten Mittelalter waren diese Klöster wichtige Kulturträger. Ohne diese Klöster  wäre wahrscheinlich ein grosser Teil des klassischen Bildungsgutes verloren gegangen.

Abgesehen von der prächtigen romanischen und gotischen Architektur, den gregorianischen Gesängen, den illuminierten Handschriften, den äbtlichen Barock- und Rokokopalästen und anderem Kunstschaffen ist die Bodenseeregion auch ein Monument für die Mönche.

(Quelle und weitere Informationen: D. Damwerth, Horizont Bodensee, Wenen, 2019;  www.bodensee.eu)

Korrektorin: Eva Maria Fahrni

Impressionen von Bregenz

Lindau am Bodensee

Der Festspielplatz

Die Oberstadt und die alte Stadtmauer

Impressionen von Lindau

Ehemaliges Rathaus

Das Stadtmuseum (befindet sich im Umbau)

Die Hauptstrasse

Die Villa (1862) des Erzherzogs von Österreich und Grossherzogs von Toskane Ferdinand IV  (1835-1908) nach der Unabhängigkeit Italiens (1860)

Stadtpark von Lindau

Impressionen von Konstanz

Geburtshaus von Graf Ferdinand von Zeppelin (1838-1917)

Lindau, das Casino und der Zeppelin, 4. Juni 2023

Die Rheinbrücke

Der 500. Geburtstag des Freistaats der Drei Bünde in Albula

Auch die Fundaziun Origen zelebriert den 500. Geburtstag des Freistaats der Drei Bünde mit einem Freilichtspiel in der weiten Berglandschaft der Region Albula.

Im Zentrum steht das heftige Ringen des jungen Freistaates um Freiheit und Autonomie, die Verletzbarkeit der demokratischen Strukturen, die Kraft eines starken Bündnisses, das die Zeit überdauert. Das Spiel wird mitten in der Farbenpracht der alpinen Herbstlandschaft uraufgeführt, unterhalb von Lantsch, in Sichtnähe der alten Marienkirche.

Der Blick der Zuschauer weitet sich in die grossartige Landschaft. Die Sicht auf die Schlucht des Crap Ses betont die Bedeutung der alten Passstrasse. Die Berge des Surses krönen den Horizont und wirken wie gigantische Skulpturen im Abendlicht.

Das Freilichtspiel spannt einen weiten Bogen, der die Jahrzehnte vor und nach dem Bündnisschluss beleuchtet. Es zeigt den Machtkampf zwischen den autonomen Gemeinden, der einflussreichen Aristokratie und den europäischen Fürsten, die ihre Interessen im jungen Freistaat zu wahren wissen.

Quelle und weitere Informationen: www.origen.ch