Seit dem 11. und 12. Jahrhundert kam es in weiten Teilen Europa’s zu einem markanten Aufschwung des Städtewesens, auch in der Schweiz.
Alte Zentren (Genf, Zürich, Basel, Chur zum Beispiel) wuchsen, neue entstanden oder wurden gezielt gegründet (zum Beispiel Bern und Freiburg).
Die Land- und Alpwirtschaft änderten sich auch. Seit dem 13. und 14. Jahrhundert verwandelte sich die Landschaft langsam in eine Kulturlandschaft, wie wir sie heute noch kennen, hauptsächlich mit kleinen Bauernhöfen.
Im Osten des Alpenbogens gab es im Gegensatz aber viele mittlere und Grosse Bauernhöfe. Wichtig in den Schweizer Bergen waren und sind die häufigkeit der Ernte bei der Grasnutzung und Heugewinnung.
Obwohl die Unfruchtbarkeit der Schweizer Bergregionen Ackerbau erschwerte und einige Getreidesorten wie Gerste, Dinkel oder Roggen unmöglich machte, wuchs die Bevölkerung um 1 400-1 500 fast um das dreifache.
Die Landwirtschaft des Alpenraums im Osten war also vom Pflanzenbau geprägt. in der Schweiz hatte jedoch auch die Tierhaltung ein grosses Gewicht.
Überall gab es die Sömmerung von Tieren auf hoch gelegenen und von den Siedlungen nicht immer leicht erreichbaren Weiden. Während der Sommermonate wimmelte es auf den Alpweiden von Schafen, Kühen und anderen Tieren.
In der Zentralschweiz und in Graubünden ins besondere erforderte diese intensivierte Berglandwirtschaft einen hohen Aufwand, wobei die Tierhaltung am wichtigsten war und ist.
Eine wichtige langfristige Entwicklungstendenz ab 1500 war die schwerpunktmässige Verlagerung von der Schafhaltung zur Rindviehhaltung.
Von 1630 bis zum Ende des 19. Jahrhunderts fiel die Zahl der Schafe im schweizer Berggebiet um die Hälfte, während die Rinder einen grossen Anstieg verzeichneten.
Die ganze Landschaft bestand und besteht noch immer aus einem einzigen grünen Wiesenteppich, Äcker sieht man fast keine. Die Bauern sind fast ganz auf die Haltung von Rindvieh spezialisiert.
Die Kuh war und ist das neue Leittier in dieser Region. Die Viehaltung und Käse- und Milchherstellung wurden dabei zu einem Identitätsdenkmal der sich formenden schweizerischen Eidgenossenschaft seit dem 14. und 15. Jahrhundert. Der “Kuhschweizer”, Kühe (und Söldner) avancierten zu einem Symbol eidgenössischer Tugend.
Im 18. Jahrhundert fand die positive Bewertung der pastoralen Wirtschaft auf dem ganzen Kontinent breiten Anklang: die idyllische Schweiz war geboren.
Der jährliche Alpabzug des Rindviehs is noch immer ein Fest in den Dörfern Graubündens. Nachdem die Kühe einen Sommer lang die Alpweiden geniessen konnten, werden sie im September zurück ins Tal getrieben, oft über einen steilen und Jahrhunderte alten ausgesetzten Weg, wie der 1645 erbaute Alpweg Scala Mola in den Felsen des Filmsersteins. Die Bauern und Kühe sind beim Alpabzug die Helden des Tages.
(Quelle: J. Mathieu, Die Alpen. Raum, Kultur, Geschichte, Stuttgart 2015).