Brückenbauer Regio Basiliensis

Im 2. Jahrhundert n. Chr. bauten die Römer und die keltischen Bewohner von Augusta Raurica (heute Augst, Kanton Basel-Landschaft) die erste Brücke über den Rhein. Augusta Raurica war eine Stadt (Colonia), die 44 v. Chr. von den Römern gegründet worden war.

Augusta Raurica und der erste Rheinbrücke , um 240 n. Chr. Bild: Museum Augusta Raurica

Tausend Jahre später baute die Stadt Basel 1226 ihre erste (Holz-)Brücke über den Rhein. Diese Brücke, die Mittlere Brücke, wurde 1905 durch die heutige Brücke ersetzt.

Basel, die Mittlere Brücke

Rheinfelden (Kanton Aargau) war bis 1802 eine habsburgische Stadt. Seit 1803 gehört der schweizerische Teil der Stadt auf der linken Rheinseite zum Kanton Aargau. Die Rheinbrücke  verbindet seit Jahrhunderten den deutschen Teil von Rheinfelden auf der rechten Rheinseite (Baden-Württemberg) mit dem Schweizer Teil von Rheinfelden.

Rheinfelden

La Passerelle des Trois Pays relie depuis 2007 la France (Huninque) à l’Allemagne (Weil am Rhein), mais porte le nom symbolique de pont des Trois Pays (Dreiländerbrücke) pour réaffirmer son lien avec la Suisse.

Die Dreiländerbrücke/ la Passerelle des Trois Pays

Die Schweiz hat seit Jahrhunderten weitere internationale und europäische Brücken gebaut. Verschiedene Denkmäler und Veranstaltungen zeugen davon, zum Beispiel in Neuenburg, Trogen, Genf, Basel, Brunnen (Kanton Schwyz), Hertenstein (Kanton Luzern) oder an der Universität Zürich.

Der Schweizer Hector Hodler (1887-1920) gründete, zum Beispiel, 1908 den Esperanto Weltbund, die Universala Esperanto-Asocio (UEA) und Édouard Desor (1811-1882) begründete 1866 in Neuchâtel die internationale Organisation für Prähistorische Antropologie und Archäologie, heute die UISPP in Bern. Eine Abschottung sieht anders aus.

Regio Basiliensis

Ein weiterer Brückenbauer ist der Schweizer Verein Regio Basiliensis. Dieser Verein ist ein Pionier und Visionär auf dem Gebiet der europäischen regionalen Zusammenarbeit.

Die Regio Basiliensis hat fast 400 Mitglieder (245 Einzelmitglieder, darunter ein Jugendforum, und 141 Organisationen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Verwaltung). Sie wurde 1963 von Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und gesellschaftlichen Organisationen der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft gegründet.

Basel, SBB Bahnhof,  Strassburger Denkmal

Bern, Denkmal Weltpostverein (1874)

Neuchâtel, (Hôtel des Postes), altes Hauptgebäude der Weltpostverein

Brunnen, Seehotel Waldstätterhof

Genève, Vereinten Nationen. Plakat auf dem Auslandschweizerplatz Brunnen

Vierwaldstätten see. Die „Europa“ (Hertensteiner Programm 1946)

Die erste Arbeitsgruppe tagte am 25. Februar 1963. Das erste Projekt war die Schaffung einer Struktur für die regionale Zusammenarbeit in der Oberrheinregion (heute die Kantone Aargau, Solothurn, Jura, Basel-Stadt und Basel-Landschaft, die Südpfalz (Rheinlandpfalz) und Baden (Baden-Württemberg) in Deutschland sowie das Elsass in Frankreich).

Die Internationale Koordinationsstelle der Regio (IKS) wurde 1970 gegründet, die Vorläuferin der heutigen Interkantonalen Koordinationsstelle bei der Regio Basiliensis (IKRB).

Aufgrund der Kompetenz, des Engagements und der Vision der Regio Basiliensis entstand 1970 auch die trinationale politische Struktur, die heutige Oberrheinkonferenz. Die politische Anerkennung auf höchster nationaler Ebene erfolgte am 15. Dezember 1989, als Bundeskanzler Helmuth Kohl, Staatspräsident François Mitterand und der Schweizer Bundespräsident Jean-Pascal Delamuraz diese interregionale Zusammenarbeit bestätigten. Im Jahr 1990 kam es zur Anerkennung im Rahmen des Programms Interreg Oberrhein der Europäischen Union.

Eric Jakob / Regio Basiliensis (Hg.), Martin Weber, Die Regio-Idee.
Grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der Region Basel, (Basel, Merian Verlag 2013). 15, Dezember 1989, Bondskanzler Helmuth Kohl, Bundespräsident Jean-Pascal Delamuraz und Präsident François Mitterand.

Seither kamen Hunderte von kleinen und grossen regionalen Projekten auf den realisiert in den Bereichen Mobilität, Industrie, Handel, Raumplanung, Tourismus, Energie, Verkehr, Gesundheit, Klima, Umwelt und Natur, Arbeit, Wissenschaft, Forschung und Bildung, Kultur und Sprache, Information und Kommunikation, kurzum, zu viele, um sie einzeln aufzuzählen.

Das grösste Museum der Welt

Am 20. Oktober 2023 organisiert Regio Basiliensis die Konferenz der Schweizer Grenzregionen.

Ziele und Projekte

Einig sind sich die Grenzregionen über das Ziel der Schaffung eines gemeinsamen Lebens-, Arbeits- und Wohnumfeldes für die rund sechs Millionen Einwohner der Oberrheinregion. Diese trinationale Zusammenarbeit wird auch zunehmend institutionalisiert. Die Trinationale Metropolregion Oberrhein, TMO, (la Région Métropolitaine Trinationale, RMT) und die Informationszentren INFOBEST sind Beispiele dafür.

Die Projekte können bei den zuständigen Behörden der Region eingereicht werden. Die Finanzierung erfolgt zum Teil auf nationaler, kantonaler, regionaler, lokaler oder EU-Ebene. Besonders erwähnenswert ist Interreg. Weitere Einzelheiten sind auf der Webseite von Regio Basilienis (IKRB) oder im Informationszentrum von Interreg Oberrhein in Strassburg zu finden.

Trinationale Zusammenarbeit in Bildung und Wissenschaft

Die trinationale Zusammenarbeit in Bildung und Wissenschaft ist von besonderer Bedeutung und in der aktuellen Situation sogar von grosser Brisanz. Zu nennen sind u.a. die Zusammenarbeit von Dutzenden von Instituten und Fachhochschulen, der europäische Campus Eucor (drei Länder und fünf Universitäten in Basel, Freiburg, Mühlhouse, Strasbourg und das Technische Institut in Karsruhe (KIT)) und konkrete Projekte, z.B. QUSTEC (Quantum Science and Technologies).

Europäische Beziehungen

Der Ausschluss der Schweiz aus dem EU-Programm Horizon ist umso bedauerlicher. Die weltbesten Universitäten, die besten Forscher, die besten Wissenschaftsmanager, die besten wissenschaftlichen Projekte (u.a. in St. Ursanne, Davos, Zürich, Lausanne, Genf, Neuchâtel und zahlreichen anderen Orten) werden von der EU aus politischen Gründen ausgeschlossen (die Börsenäquivalenz und andere Sanktionen sind weitere Beispiele für den Ausschluss eines der innovativsten und wettbewerbsfähigsten Länder der Welt). Mit anderen Worten: Die EU erkennt die Souveränität der Schweiz nicht an und ergreift Strafmassnahmen und Sanktionen gegen sie. Zu erwähnen ist hier auch, dass die Schweiz stets ihren finanziellen Verpflichtungen nachkommt.

Dr. Kathrin Amacker, Präsidentin der Vereniging Regio Basiliensis, Eröffnungsrede 60 Jahre Vereniging Regio Basiliensis, Muttenz, 19. Juni 2023.

Schlussfolgerung

Weltoffenheit sowie die Pflege europäischer und internationaler Beziehungen sind seit Jahrhunderten in den Genen der Schweiz verankert.Das Land war schon immer bereit, andere Länder oder Regionen zu unterstützen. Dabei behält sie ihr einzigartiges direktdemokratisches, föderales, dezentralisiertes politisches und administratives (Miliz-)System und die Subsidiarität stets im Auge. Sie verfügt über jahrhundertelange Erfahrung in demokratischer, mass- und verantwortungsvoller sowie pragmatischer Führung.

Die Schweiz und eine grosse Mehrheit ihrer Bürger sind nicht gegen die Europäische Union. Die Notwendigkeit und Nützlichkeit einer europäischen Zusamenarbeit zu sehen, schliesst jedoch eine kritische (Selbst-)Reflexion nicht aus. “Alternativlosigkeit“ gibt es in der Schweizer Politik nicht, weil die Bürger und die „Zivilgesellschaft“ letztlich die Entscheidungen treffen.

Die Verunsicherung vieler Bürgerinnen und Bürger in den EU-Mitgliedsstaaten ist nicht wesentlich geringer oder anders als in der Schweiz, es fehlt nur an Demokratie à la Suisse. Vielleicht sollte nicht nur die Schweiz über ihren Schatten springen, sondern auch die EU sollte in den Spiegel schauen und endlich ihre Hausaufgaben machen bzw. die versprochenen Reformen umsetzen, wie es schon 2004 vereinbart worden war („keine EU-Erweiterung um 10 Länder ohne grundlegende Reformen„).

Der Verein Regio Basiliensis hat vor 60 Jahren einen praxisorientierten Ansatz für die europäische regionale Zusammenarbeit initiiert. Seine aktuelle „Trinationale Pendenzenliste„, ein einzigartiges Dokument mit den wichtigsten Wünschen von Bürgern, Wirtschaft, Wissenschaft und Bildung, zeugt ebenfalls von seinem Bottom-up-Ansatz.

Die ganze Region Oberrhein profitiert von dieser Initiative und der guten Zusammenarbeit mit den Regionen in Deutschland und Frankreich. So fahren täglich rund 80 000 französische und deutsche Bürger zur Arbeit in die genannten fünf Schweizer Kantone. Dazu kommen das Tessin, der Thurgau, die Waadt, Genf und andere Grenzregionen. Bis zu 350 000 EU-Bürger und -Bürgerinnen reisen täglich zur Arbeit in die kleine Schweiz! Hunderttausende von Expats finden hier ausserdem ihre Arbeits- und Wohnstätte.

Diese Geschichte sollte auch in den Beziehungen zur Europäischen Union Beachtung finden, ganz abgesehen von der niedrigen Inflation, den nicht zu hohen Schulden, der pacta sunt servanda-Mentalität, der nicht nennenswerten Korruption, der stabilen Währung (der Schweizer Franken hat seit 2002 um mehr als 60 % aufgewertet im Vergleich zum Euro, der einst stabile niederländische Gulden und die deutsche Mark (DM) sind ebenso stark abgewertet), der guten (Berufs-)Bildung, dem ausgezeichneten öffentlichen Verkehr und der grosszügigen und relativ gut organisierten Aufnahme und Integration von Einwanderern/Asylbewerbern.

Vielleicht könnte die EU mit ihren 27 Mitgliedsstaaten einen Beitritt zur Confoederatio Helvetica mit ihren 26 souveränen Kantonen und Republiken in Erwägung ziehen?

Korrektorin: Eva Maria Fahrni