Corsier-sur-Vevey, Manoir de Ban. Foto/Photo: TES

Chaplin’s World am Genfersee

Der 6. Juni 1944 (D-Day) war nicht nur für die Bürger der besetzten Länder in Westeuropa ein Tag der Hoffnung. Auch für den Schauspieler und Filmregisseur Charlie Chaplin (1889-1977) war es ein Moment der Erfüllung seiner Einspannungen für eine ‚Zweite Front‘ in Europa. Obwohl er nur vier Tage älter als der deutsche Diktator war, überlebte er ihn um mehr als 32 Jahre.

Sie waren sich nie begegnet, wussten jedoch voneinander. Der Diktator mochte (amerikanische) Filme aus der Zwischenkriegszeit (1918-1939), und Chaplin war der berühmteste Künstler dieser Zeit.

De slottekst uit de ‚Great Dictator‘ 

Es ist nicht bekannt, ob der Diktator auch den Film The Great Dictator (1940) gesehen hat. Dieser Film wurde in den vom Deutschen Reich besetzten oder kontrollierten Gebieten nicht gezeigt, jedoch im Jahre 1940 im Vereinigten Königreich, in Kanada und in den Vereinigten Staaten.

Auch nach 1940 engagierte sich Chaplin für die Befreiung Europas von dieser Diktatur. Er lebte und arbeitete seit 1912 in Amerika und engagierte sich nach dem 22. Juni 1941 (dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion, den ehemaligen Verbündeten der Nazis) für die Unterstützung der sowjetischen Kriegsanstrengungen und wie gesagt für die Befreiung Europas.

In seinen Filmen beschäftigte er sich vor allem mit armen und ausgestossenen Leuten. Er stand auch der Konsumgesellschaft und dem ungezügelten Kapitalismus kritisch gegenüber.

Seine Unterstützung für die Sowjetunion war jedoch keine Unterstützung für den Kommunismus, sondern richtete sich gegen Deutschland. Auch Winston Churchill traf diese Entscheidung („If Hitler invaded hell (Sowjet-Union) I would make at least a favorable reference to the devil in the House of Commons“).

Für Chaplin bedeutete der Kalte Krieg nach 1945 jedoch, dass er für seine politischen Ansichten „bezahlen“ musste. Der McCarthyismus, ausgelöst durch die weltweite kommunistische Aggression, liess in Amerika nach 1948 keinen Raum für Nuancen, und Chaplin verliess 1952 das Land.

Er liess sich mit seiner Frau Oona O’Neill (1925-1991) und seiner (wachsenden) Kinderschar im  Manoir de Ban in Corsier-sur-Vevey (Kanton Waadt) am Genfersee nieder.

Kaiserliche, königliche und aristokratische Familien, Künstler, Artisten, Wissenschaftler, politische Exilanten und andere Berühmtheiten haben sich seit Jahrhunderten in der Schweiz niedergelassen.

Die Attraktivität der Schweiz liegt nicht nur in der stabilen direkten Demokratie, der (intellektuellen) Toleranz, der Natur, der Landschaft, der verhältnismässig geringen steuerlichen Belastung und der relativ transparanten Bürokratie.

Chaplin und viele andere vor und nach ihm schätzten vor allem die Diskretion, den respektvollen Umgang miteinander, das Verhalten und  Funktionieren der Gesellschaft, was einen wichtigen Aspekt von Lebensqualität darstellt.

Chaplin genoss seinen Park,  den Genfersee und die Gastfreundschaft, die er dort erlebte. So ass er beispielsweise regelmässig in dem nahe gelegenen Saint-Saphorin und anderen Dörfern zu Mittag. Obwohl er kaum Französisch sprach, waren seine Begegnungen mit den Einheimischen stets herzlich.

Chaplin war Zeit seines Lebens  vom Zirkus fasziniert und widmete ihm mehrere Filme. Seit 1952 war er als Ehrengast bei den Vorstellungen des Circus Knie anwesend.

Heute ist das  Manoir für die Öffentlichkeit zugänglich. Es zeigt vor allem das Privatleben Chaplins von 1952 bis 1977.

Das nahegelegene Museum vermittelt ein facetten- und abwechslungsreiches Bild seines Lebens und seiner Entwicklung als Mensch, Schauspieler, Regisseur und Humanist, angefangen bei seinen frühen Jahren in England über seine Blütezeit in Amerika bis zu seinen letzten Projekten und Lebensjahren in der Schweiz.

(Quelle und weitere Informationen: Chaplin’s World)

Korrektorin: Eva Maria Fahrni

Impressionen vom Manoir de Ban und dem Park

 

Impressionen von Chaplin’s World

Auf die Introduktion im Filmsaal folgt der Rundgang durch das Museum mit einer nachgestellten Strasse und einem Haus aus Chaplins Kindheit in London

Eine Replik aus ‚City Lights‘ (1931)

Filmstudio mit ‚Modern Times‘ (1936) im Huntergrund