Die Klosterinsel Reichenau. Foto/Photo: TES

Die Klosterinsel Reichenau 724-2024

Die Klosterinsel Reichenau (Baden-Württemberg) ist einer der geschichtsträchtigsten Orte am Bodensee und feiert 2024 ein grosses Jubiläum.

Vor 1300 Jahren, im Jahr 724, hat der Wandermönch Pirmin das Kloster gegründet, das im frühen Mittelalter zu einem bedeutenden Impulsgeber für Kunst, Kultur und Politik wurde.

Die Insel war schon vor dem 8. Jahrhundert besiedelt. Mit der Gründung des Klosters begann allerdings der Aufschwung, und die Insel wurde zu einem der bedeutendsten Orte der europäischen Geschichte.

Zwei weitere Kirchen entstanden nach dem Bau des Klosters, St. Peter und St. Paul, und im 9. Jahrhundert eine weitere, St. Georg. Karl der Grosse (738-814) besuchte 780 das Kloster und erhob es zur Königsabtei und stellte es unter seinen Schutz.

Die Insel und das Kloster profitierten von der guten Lage auf den Handelsrouten zwischen dem Rhein und den damals wichtigsten Alpenübergängen.

Das Kloster Reichenau war ein Zentrum der Buchmalerei. Die Mönche verstanden sich bestens auf den Umgang mit Pergament, Tinte und Siegel, einschliesslich Fälschungen von Dokumenten, die im Sinn der Auftraggeber korrigiert oder ganz neu geschrieben wurden. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer „Reichenauer Fälscherschule“.

Liber Viventium Fabariensis, 810-820, Stiftsarchiv St. Gallen

Die Schreiber arbeiteten nur zu einem kleinen Teil für den Bedarf des Klosters. Die meisten Bücher entstanden auf Bestellung von Fürsten und Königen. Die Reichenauer Bibliothek gehörte zu den grössten im karolingischen Reich.

Jahrhundertelang war die Insel ein Zentrum des Wissens, bevor es Universitäten gab.

Das Archäologische Landesmuseum in Konstanz widmet sich der Geschichte des Klosters und der Insel von der Gründung bis zur Auflösung im 18. Jahrhundert.

Die Ausstellung „Mönche, Mission, Abenteuer, Archäologie & Playmobil“ zeigt u.a. viele Handschriften, Skulpturen, Altäre, Alltagsgegenstände, Schreibwerkzeuge, Schulhefte und die ganze Geschichte des Klosters und der Insel. Sie gibt Einblick in das Klosterleben und zeigt, wie vernetzt das Kloster und das Klosterleben damals waren.

Seit Anfang des 9. Jahrhunderts wurde das Verbrüderungsbuch mit den Namen der Mönche geführt. Mehr als fünfzig Klöster schloss es ein und die Listen umfassten schliesslich 38 000 Namen von Mönchen in Europa!

Die Welt der Mönche und Abteien war damals sehr europäisch geprägt, auch das Kloster St. Gallen war mit von der Partie.  Im Jahr 2000 wurde die Klosterinsel ins Weltkulturerbe der Unesco aufgenommen.

(Quelle und weitere Informationen: Das Archäologische Landesmuseum in Konstanz; Thomas Ribi, „Wo Mönche Urkunden fälschten“, Neue Zürcher Zeitung, 25. April 2024).

Korrektorin: Giuanna Egger-Maissen