Warth, Karthause Ittingen. Foto/Photo: TES.

Kartause Ittingen, gestern und heute

Um die Mitte des 12. Jahrhunderts wandeln die Truchsessen von Ittingen ihre Burg in ein Kloster um. Die Augustiner betrieben in Ittingen bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts einen Chorherrenstift.

1461 erwarb der Kartäuserorden von den Augustinern den verarmten Chorherrenstift Ittingen. Die erworbenen Bauten waren verwahrlost und mussten umfassend um- oder neu gebaut werden.

Im Sommer 1524 kam es im thurgauisch-zürcherischen Grenzgebiet zu einem Aufstand. Der im Schloss Frauenfeld sitzende, katholische Landvogt hatte in Stein am Rhein einen reformierten Pfarrer gefangen nehmen lassen.

Die wilde Schar geriet ausser Kontrolle und stürmte die Kartause. Der Schaden war immens. Das Kloster erholte sich erst nach Jahrzehnten von den Verwüstungen.

1620 erhielt die Kartause Ittingen eine grosse Geldsumme, um damit sechs Mönchszellen neu zu bauen. Schenkung und Neubauten markieren den Beginn einer Periode wirtschaftlicher und geistiger Blüte der Kartause Ittingen.

Die Urbarien

Josephus Wech (1702 – 1761) war ein herausragender Klosterverwalter. Er sammelte systematisch alle Informationen über die Geschichte, die Güter sowie Rechte und Pflichten des Klosters und notierte diese detailliert in 39 handschriftlichen Büchern. Diese Bücher, die sogenannten Urbarien, beschreiben die Entwicklung des Klosters von 1525 bis 1760.

Von Josephus Wech stammt auch die bemerkenswerte Klostergüterkarte aus dem Jahr 1745. Diese fast 3 x 5 Meter grosse Güterkarte ergänzte die Urbarien, wodurch der klösterliche Besitz rechtsverbindlich festgeschrieben wurde.

Josephus Wech füllte mit dem neuen Urbar die empfindliche Lücke, die der Ittinger Sturm dem Klosterarchiv zugefügt hatte. Josephus Wech gelang es mit diesem neuen Verwaltungsinstrument zudem einen für die damalige Zeit modernen Verwaltungsstil einzuführen.

Im 19. Jahrhundert änderten sich die gesellschaftlichen Voraussetzungen für die Klöster grundlegend. Die französische Revolution hatte die alte Feudalordnung erschüttert und die napoleonischen Kriege führten auch in der Schweiz zu einer grundsätzlichen Neuordnung des Staates. 1803 wurde der Kanton Thurgau gegründet (Mediationsakte). Der Kanton stellte das Kloster unter staatliche Verwaltung und löste es 1848 auf. Die Klostergebäude wurden verkauft.

1867 erwarb Victor Fehr (1848-1936)  die Kartause Ittingen

Aus dem Kartäuserkloster wurde ein feudaler Landherrensitz. Die Gutsherrenfamilie bewohnte die Räume des Priors. Das Refektorium wurde zum repräsentativen Speisesaal, der Kapitelsaal zum Gesellschaftszimmer.

Der Mönchschor diente der protestantischen Familie bei Taufen, Hochzeiten und Abdankungen als Privatkirche. So wurde die künstlerisch wertvolle Ausstattung aus der Zeit des Klosters zur Kulisse einer gehobenen bürgerlichen Wohninszenierung.

Der Abbruch des Nordflügels des Grossen Kreuzganges mit den nördlichen Mönchshäuschen war der grösste Eingriff in die Klosteranlage. Am Südflügel setzte Victor Fehr um 1880 mit dem Anbau der Loggia mit Terrasse einen markanten baulichen Akzent.

Dieses Bauwerk vor dem Hauptzugang zur Residenz des Gutsherrn verwies mit verschiedenen Zeichen auf die Funktion des Gebäudes als Landherrensitz. Im Innern war die Umwandlung der ehemaligen Klosterküche zur Täferstube im Neorenaissancestil die augenfälligste Manifestation des neuen Hausherrn Victor Fehr.

1977 wurde die Stiftung Kartause Ittingen gegründet, die die Anlage kaufte und ihr eine neue Nutzung zuführte. 1983 konnte das Ittinger Museum eröffnet werden. Das Kunstmuseum Thurgau ist auch im Kloster untergebracht. Das ehemalige Kloster ist heute ein Kultur- und Seminarzentrum und ein Hotel.

(Quelle und weitere Informationen: www.kartause.ch).

Korrektorin: Melinda Fechner