Auvernier, la pêcherie de Denis Junod. Foto/Photo: TES

Der Fischer und sein Habitat in Auvernier am Neuenburgersee

Künstler, Jäger, Vater, Ehemann, Philosoph, Ökologe und Fischer, all diese Eigenschaften treffen auf Denis Junod d’Auvernier (Kanton Neuenburg) zu.

Junod ist einer der dreissig Berufsfischer am Neuenburgersee. Seine Lebensgeschichte wurde in einer kürzlich erschienenen Biographie niedergeschrieben: „De fils en père. Denis Junod“. Vom Vater zum Sohn. Denis Junod.

Hauterive, Laténium, am 12. Oktober 2020. Denis Junod (l), Françoise Jeanneret-Gris (r).

Das Buch ist mehr als nur eine Biographie. Es ist auch die Geschichte des Neuenburgersees, seiner Flora, Fauna und Natur. Er weiss, wovon er redet, wenn es um die Veränderungen des Sees, des Fischbestandes, der Flora und Fauna geht. Auch die Liebe zu Tieren und zur Natur kennt er als Jäger.

C’est comme si nous n’avions pas compris que l’humanité et tous les écosystèmes font partie du même arbre. L’humanité appartient à ce système mondial, mais elle agit comme si elle était extérieure

Denis Junod (rechts) an der Arbeit in seiner pêcherie in Auvernier

Geboren wurde er 1953 in La Côte-aux-Fées (faie oder faye auf Frankoprovenzalisch)im Kanton Neuchâtel. Der See war weit weg. Eine Zukunft als Fischer zeichnete sich nicht ab, stattdessen verbrachte er seine Kindheit im Wald und auf den Wiesen. In dieser Zeit entwickelte er jedoch sein Gefühl und seine Erfahrung für die Natur.

Seine erste Begegnung mit dem Neuenburgersee und der Fischerei fand im Dorf Saint-Aubin statt, wo sein Vater in der Uhrenindustrie arbeitete. Sein Vater war ein begeisterter Fischer, und sein Engagement inspirierte auch Denis.

Damals, um 1960, gab es noch sehr viele Forellen im See. Es war sogar der meist gefangene Fisch. Ein paar Jahrzehnte später sind die Forellen im See fast verschwunden. Um 1963 zog er in das Dorf Serrières und  lebte zum ersten Mal am Ufer des Sees.

Im Gymnasium lernte er die Poesie, Literatur, Philosophie und Geschichte kennen und schätzen. Sie dienen ihm als Leitfaden durch das  tägliche Leben. Mit diesem Hintergrund interessiert er sich auch für die (lokale) Politik und Gesellschaft und deren jeweiligen historischen Kontexten.

Er malt Gemälde, die er als Art Brut bezeichnet. Die Kultur der Maya und der Inkas inspirieren ihn. Die Abbildungen seiner Gemälde im Buch zeugen von seinem künstlerischen Talent.

Nach dem Gymnasium wollte er nur eines: Fischer werden. Nach einer Lehre im nahe gelegenen Saint-Aubin mietete er 1973 seine Fischerhütte in Auvernier und erhielt vom Kanton eine Fischereierlaubnis. Er lebt noch immer dort.

Das Wappen des Dorfes enthält nicht umsonst einen Fisch. Damals war Auvernier noch ein Dorf der Fischer und Weinbauern.

Das Fischen ist seine Leidenschaft, seine Arbeit, seine Erfahrung und seine Lebensweise.

Die Natur ist sein Universum:

„J’ai une spiritualité sans Dieu. Ou bien : j’appellerais Dieu la grande matrice universelle qui régit le monde du vivant. Je ne crois pas en Salut que nous propose la religion. Quand je suis sur le lac, je sens cette force universelle qui nous enveloppe tous. Ma foi est là, au sein de cette nature féconde. Le lac est ma cathédrale

Das Berufsleben kennt er seit 1973: Strafen, Prozesse und Konflikte mit der Polizei und den Behörden („Un anarchiste respectueux“), die Höhen und Tiefen, die Tragödien ertrunkener Fischer und der Genuss des schönen Sonnenaufgangs und des Panoramas von Les Trois Bernoises, den Dents du Midi und dem Mont Blanc im Süden und dem Jura im Nordwesten.

Der Zustand der Natur und des Neuenburgersees beschäftigt ihn natürlich auch. Doch er ist optimistisch. Er hat Vertrauen in die Menschheit, solange die Prinzipien der Natur respektiert werden.

Zurück zu den Wurzeln des Daseins ist ein integraler Bestandteil seiner Philosophie:

Dans nos sociétés occidentales hypertechnologiques, l’intelligence est liée à la réussite scolaire. Dans d’autres sociétés, l’intelligence est une question d’adaptation à un milieu donné. Le savoir-faire, le respect des aînés, l’utilisation d’outils spécialisés et l’agilité, c’est dans les sociétés indigènes premières qu’on les trouve. Leur intelligence est liée à la survie du groupe. Les livres ne sont pas les seules fournitures de l’intelligence. La nature m’en a appris bien bien plus. Toute est relatif„.

(Françoise Jeanneret-Gris, De fils en père. Denis Junod, Bière 2020. Die Zitate sind von Denis Junod und stehen im Buch).