Porrentruy, Pruntrut, L’archive de l'ancien Évêché de Bâle/ Archiv des ehemaligen Bistums Basel

Moutier Exit. Zweiter Akte

Wann begann die Trennung des Jura in einen nördlichen und südlichen Teil und gibt es überhaupt eine Trennung ?

Ab 999 fiel die Juria an das Fürstbistum Basel. In den folgenden Jahrhunderten, vor allem im und 15. Jahrhundert, gewann Bern jedoch mehr Einfluss im südlichen Teil des Juras, unter anderem in Biel und Neuenstadt.

Während der Reformation, als Bern und andere Eidgenossen von 1512 bis 1529 in Neuenburg herrschten, war ihr Einfluss auch in Moutier (Biel und Neuenstadt) zu spüren. Moutier und andere Städte und Dörfer folgten Bern in der Reformation.

Der katholische Teil des Juras wurde 1792 in Frankreich eingegliedert (1792 die Raurakische Republik, von 1793 bis 1800 in das Département Mont-Terrible, 1800-1813 In das département Haut-Rhin).

Moutier blieb bis 1797 unter dem Schutz von Bern und der Eidgenossenschaft, als Moutier zusammen mit Biel und Neuenstadt ins Departement Mont-Terrible, undab 1800 ins Departement Haut-Rhin aufgenommen wurde. Seit 1815 gehört der ganze Jura des ehemaligen Bistums Basel zu Bern.

Welche politischen, religiösen, ökonomischen oder kulturellen Befindlichkeiten und Motiven könnten jenseits dieser Geschichte heute noch eine Rolle spielen?

Die Zumutung von Deutschsprechenden und der Deutschen Sprache, der konfessionelle Gegensatz, die (paternalistische) Haltung von Bern oder andere ’Unannehmlichkeiten’?

1832, 1836, 1849 und 1874 schickte Bern Truppen in den Jura, sodass der Katholizismus  durch Bern kein Heimat fand. In den sechziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts gab es Gewalt der Organisation Front de Libération Jurassien (FLJ).

1959 legte eine erste Abstimmung offen, dass die (grosse) Mehrheit in den nördlichen katholischen Bezirken Pruntruter Zipfel (Ajoie oder Porrentruy Region), Delberg (Delémont) und Freiberg (Franches-Montagnes) einen Kanton Jura wünschten, während die südliche Bezirke Moutier, Neuenstadt und Courtelary entschieden bei Bern bleiben wollten.

Tatsache ist, dass auch die Bevölkerung des neuen Kantons am 23. Juni 1974 nicht mit überwältigender Mehrheit ‘Ja’ gesagt hat. Mit 36 802 gegen 34 057 Stimmen setzt sich dennoch eine knappe Mehrheit für die Unabhängigkeit ein.

Es scheint heute eine Frage der steuerlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Motive zu sein. Unter diesem Gesichtspunkt machen  Befürworter und Gegner ihre eigenen Urteile.

Die Gegner argumentieren zum Beispiel, dass Moutier zusammen mit den umliegenden Gemeinden im Kanton Bern auf 10.000 Einwohner wachsen könnte, und dass die Gesundheitssorge und das Bildungswesen besser gewährleistet wären. Die Befürworter haben ihre eigenen fiskalischen, kulturellen und wirtschaftlichen Motive.

So oder so, es wird am 28. März ein Fotofinish geben. Ein interessantes Detail:Seit 2017 haben 700 Wähler Moutier verlassen und 600 Wähler sind neu in die Stadtgezogen. Diese 100 könnten bei der Volksabstimmung mit der höchsten Überwachung einerAbstimmung, die es je in der Schweiz gab,  durchaus eine wichtige Rolle spielen.

(Quelle: Christian Moser, Der Jurakonflikt. Eine offene Wunde der Schweizer Geschichte, Basel, 2020).