175 Jahre Schweizer Eisenbahnen

Endlich war sie da, die erste Bahnlinie in der Schweiz. Am 9. August 1847, vor 175 Jahren, fuhr der erste Personenzug von Zürich nach Baden (Kanton Aargau).

Diese Bahn wurde “Spanisch-Brötli-Bahn” genannt, wegen einer Konditorei in Baden, sagt man, deren spanische Brötchen von Dienstboten schnell und frisch nach Zürich zu ihren “Herrschaften” transportiert wurden.

Bahnhof Baden, 1890. Foto: Staatsarchiv Baden.

Bahnhof Olten. Das Kunstwerk des Künstlers Paul Gugelmann (1929-2022) wurde von der Stadt Olten am 26. August 2006 anlässlich der 150-Jahr-Feier des Bahnhofs den Mitarbeitenden der SBB übergeben.

Olten, Bahnhof. Der ‚Stunde Null-Stein‘ war 1856 der Ausgangspunkt für das Vermessen der Bahn in Wegstunden. 1875 löste das Metermass Stunde und Fuss ab. Seither ist es der Km 39,292-Stein, gemessen ab Basel, Sitz der damaligen Bahndirektion. Der Stein wurde im Volksmund weiterhin als ‚Kilometer Null-Stein‘ bezeichnet. Korrekt ist jedoch ‚Stunde Null-Stein‘. Das Kreuz ist Symbol für die zentrale Lage des Bahnhofs im Bahnnetz, Der ‚O‘ ist die Stunde Null.

Das Vereinigte Königreich (England, Schottland, Wales und Nordirland) verfügte 1845 bereits über eine 3’600 km lange Eisenbahnstrecke und Deutschland über 1’750 km, die Schweiz über eine nur 2 km lange Strecke von St. Louis nach Basel, die 1844 als Schlussstrecke der Verbindung Strassburg-Basel eröffnet worden war.

Der französische Bahnhof in Basel. Quelle: Ein Jahrhundert Schweizer Bahnen 1847-1847. Jubiläumswerk des Eidgenössischen Post- und Eisenbahndepartementes in fünf Bänden. Bd. 1, Frauenfeld 1947. Foto: Wikipedia

Bahnhof SBB Basel 2022

Die Uneinigkeit zwischen den souveränen Kantonen, der Mangel an Kohle für die Dampflokomotiven, das Fehlen grosser Städte und das Gebirge erschwerten den Bahnbau in der Schweiz.

Nach 1850 ging es dann aber schnell. Die Konzessionen wurden den Eisenbahngesellschaften, die in den Kantonen wie Pilze aus dem Boden geschossen waren, erteilt. Der Bundesrat und die Föderation waren nicht beteiligt.

Im Jahr 1864 verfügte die Schweiz über rund 1’400 Kilometer Eisenbahnstrecke. Die Strecken verbanden Genf mit dem Bodensee, Basel mit Chur (Kanton Graubünden) und Bern mit Brig (Kanton Wallis).

Die Alpen waren jedoch immer noch ein zu grosses Hindernis. Die Bahnen hielten in Brig, Luzern, Chur und Thun. Übrigens war die Credit Suisse 1856 gegründet worden, um diese Unternehmungen zu finanzieren.

Endstation Oberalppass

Der (englische) Tourismus in den Bergregionen führte dazu, dass weitere Schritte unternommen wurden, um die oft  unrentablen Bahnen trotzdem zu bauen, weiterzuführen oder zu betreiben. Das englische Reisebüro “Thomas Cook” war eine der treibenden Kräfte.

Sammlung Museum Zu Allerheiligen, Schaffhausen 

Poster Ecomuseum Simplon

Dies passt auch zum Bild der Entwicklung der Eisenbahn. Die Firmen und später der Bund griffen auf die Erfahrung und das Know-how ausländischer (englischer, deutscher und österreichischer) Ingenieure zurück.

Darüber hinaus bündelten die 1855 gegründete ETH in Zürich und später die EPFL in Lausanne die Talente und die Erfahrung im eigenen Land. Die Leistungen der Schweizer Brücken-, Viadukt- und Tunnelbauer sind heute im ganzen Land als Wunderwerke zu sehen.

1872 fasste der Bund einen wichtigen Beschluss: Die Eisenbahnen wurden (nach Zustimmung der Kantone) zu einer föderalen Kompetenz. Der Grund dafür war unter anderem der Rückstand gegenüber Frankreich (Mont-Cenis-Tunnel von 1871) und Österreich (Brennertunnel von 1864). Der Gotthard-Basistunnel wurde dann 1882 eröffnet.

Es dauerte bis 1898, bis der Bund die (meistens bankrotten oder unrentablen) kantonalen Eisenbahngesellschaften übernahm.

1902 wurde die Gesellschaft Schweizerische Bundesbahnen (SBB)/ Chemins de fer fédéraux suisses (CFF)/ Ferrovie federali svizzere (FFS)/Viafiers federalas svizras (VFS) gegründet.

Danach ging alles ganz schnell. Im Jahre 1914 waren alle Landesteile mit der Bahn erreichbar, und die Schweiz verfügte über das dichteste Eisenbahnnetz in Europa.

Drei regionale Privatinitiativen sind besonders erwähnenswert: Die Initiative zum Bau der berühmten Rhätischen Bahn ging vom Niederländer Willem-Jan Holsboer (1834-1898) aus.

Bahnmuseum Albula, Bergün/Bravuogn

Die Jungfrau-Bahn mit einer Bahnstation auf 3’454 Metern Höhe  ist ein weiteres Kunststück. Der Initiator Adolf Guyer-Zeller (1839-1899) begann mit dem Bau, seine Nachfolger schlossen das Projekt 1912 ab.

Revolutionär war auch die Zahnradbahn von Niklaus Riggenbach (1817-1899) aus dem Jahr 1871. Damit konnte der steile Hang der Rigi (Kanton Luzern) sicher befahren werden.

Dampflok.7, 1873. Foto: Rigibahnen AG

Eine weitere bemerkenswerte Tatsache ist die frühe Nutzung von umweltfreundlichem Strom. Die Schweiz hatte kein Öl, keine Kohle und kein Gas. Dies machte das Land in der industriellen Revolution innovativ, aus heutiger Sicht sogar visionär.

Im 19. Jahrhundert wurden schon die ersten Wasserkraftwerke zur Stromerzeugung in Betrieb genommen, auch für den Zugverkehr. Mit Kohle befeuerte Dampfzüge verschwanden relativ schnell. Seit 1967 werden alle Züge mit Strom betrieben.

Auch die Schweiz hatte ihre Eisenbahnbarone. In diesem Zusammenhang sind insbesondere Martin Escher (1788-1870) und Alfred Escher (1819-1882) zu nennen.

Die letzten Grossprojekte sind der Gotthard-Basistunnel (2016) und der Ceneri-Basistunnel (2021), Milliardenprojekte, die pünktlich oder sogar vorzeitig und ohne Einmischung oder Subventionen der EU abgeschlossen wurden.

Andere Projekte können aus externen Gründen vorerst nicht realisiert werden. Die direkte Eisenbahnverbindung von Rotterdam/Hamburg nach Mailand/Genua und die umweltfreundliche Beförderung des Güterverkehrs auf der Schiene (Transitabkommen von 1992 und NEAT-Projekt von 1994) sind aufgrund von Verzögerungen/Verspätungen in anderen (EU-)Ländern und EU-Blockaden ins Stocken geraten.

Die Lötschenbergbahn Kandersteg (Kanton Bern)-Goppenstein (Kanton Wallis)

Die SBB und die Schweiz haben jedoch allen Grund, auf ihre Leistung und ihren Service zu allen Jahreszeiten und unter fast allen Bedingungen, in Höhenlagen, über tiefe Täler und durch Berge hindurch stolz zu sein, auch wenn der Bahnbetrieb nicht mehr immer wie ein Schweizer Uhrwerk auf Rädern läuft!

(Quelle und weitere Informationen: Bahn Extra, 3/2022, 175 Jahre Eisenbahn in der Schweiz. Geramond,2022)

Korrektorin: Eva Maria Fahrni

Bahnhof Olten, Johann Jakob Speiser (1813-1856), Gründer der Centralbahn.