Kulm Hotel, Bridgekamer, 1947. Archief: Kulm Hotel, St. Moritz.

Das Bridgespiel in der Schweiz

Bis 1795 bzw. 1798 waren die Niederlande und die Schweiz Republiken, die sich in den Niederlanden aus sieben souveränen Provinzen und in der Eidgenossenschaft aus dreizehn souveränen Kantonen zusammensetzten.

Jass und Bridge

Beide waren 1648 durch den Westfälischen Friedensvertrag als unabhängige Staaten anerkannt worden. Zwischen den beiden Ländern und ihren Provinzen/Kantonen bestanden enge diplomatische, militärische und wirtschaftliche Kontakte.

Schweizer Söldner im Dienst der Armee der Republik lernten ein niederländisches Kartenspiel : Klaverjassen. Sie führten dieses Spiel unter dem Namen Jass in der Schweiz ein, einschliesslich der Trumpfneun und des Trumpfbuben. Es ist immer noch das beliebteste Kartenspiel in der Schweiz. Allerdings entstand während des Interbellums, den Jahren 1918-1939 zwischen den beiden Weltkriegen, ein neues Kartenspiel: Bridge

Die Schweizer Garde in der Republik, 1752. Quelle:: Cent suisses retousched – Schweizer Truppen in niederländischen Diensten – Wikipedia

1925-1930

Englische oder amerikanische Touristen haben Bridge wahrscheinlich in den Jahren 1925-1930 in der Schweiz eingeführt. Es ist unmöglich zu sagen, wo Bridge zum ersten Mal gespielt wurde, ob in den Grand Hotels Kulm oder Badrutt’s Palace in St. Moritz, im Baur au Lac in Zürich, im Montreux Palace, im Hotel Val Sinestra in der Nähe von Sent oder in den Residenzen in Bern. Jedenfalls kann man im Museum des Belle-Époque-Hotels Waldhaus in Flims noch einige Bridge-Attribute aus dieser Zeit sehen.

Oder war es das Suvretta House in St. Moritz mit seiner langen Bridge-Geschichte, seinen Bridge-Räumen und dem ersten internationalen Bridge-Turnier in der Schweiz im Jahr 1941?

Bridge-Räumen im Suvretta House. Quelle:Suvretta House. Foto: TES

Kontraktbridge

Tatsache ist jedenfalls, dass der Amerikaner Harold Stirling Vanderbilt (1884-1970) 1925 bei einer Atlantiküberquerung das Kontraktbridge entwickelte. Ein englisches Team unter der Leitung von Kolonel Walter Buller (1886-1938) trat 1930 gegen ein Team unter der Leitung des Amerikaners Ely Culbertson (1891-1955) an. Das Spiel fand im Almack’s Club in London statt und sorgte auch mit Artikeln des berühmten deutschen Bridgespielers Emanuel Lasker (1868-1941) für Schlagzeilen in den Medien.

Georg Tafler, Bridge als Spiel und Kunst, Wien, 1930.

Das Kontraktbridge wurde 1932 von den wichtigsten Bridgeorganisationen der Welt – dem Portland Club of London, dem Whist Club of New York und der französischen Bridgekommission – als internationales Bridgesystem anerkannt.

Der berühmte belgische Detektiv Hercule Poirot spielte ebenfalls Bridge (Agatha Christie, Mit offenen Karten, Hamburg 2016/Agatha Christie, Cards on the table, London 1936).

Kartonierter Einband Mit offenen Karten von Agatha Christie

La Fédération Suisse de Bridge

Der Siegeszug des Bridge in Europa und der Schweiz begann jedoch erst 1947 mit der Gründung der European Bridge League (EBL)  mit Sitz in Lausanne. Am 18. März 1950 wurde die FSB (Fédération Suisse de Bridge) gegründet, der 1958 die World Bridge Federation folgte, die ebenfalls in Lausanne ansässig und vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) anerkannt ist.

 

European Bridge League, Lausanne. Foto: Headquarters | European Bridge League (eurobridge.org) und das logo der World Bridge Federation

Der Präsident des IOC, Juan Antonio Samaranch (1920-2010), erklärte bei der Eröffnung des ersten Bridge-Grand-Prix im Olympischen Museum in Lausanne im September 1998, dass Bridge ein Denksport und eine Wettkampfsportart sei sei. Bei den Olympischen Winterspielen 2002 in Utah (USA) war Bridge sogar ein Demonstrationssport.

Bridge nimmt im gesellschaftlichen Leben der Schweiz einen wichtigen Platz ein. Der FSB hat rund 3 000 Mitglieder und 52 Clubs. Darüber hinaus sind viele Bridgespieler nicht Mitglied in einem Club und spielen nur privat.

Weltmeister

Schweizer Teams nehmen an Welt- und Europameisterschaften, Sportgames (eine Art Olympische Spiele für Bridgespieler), nationalen, regionalen und lokalen Meisterschaften sowie an Turnieren innerhalb von Clubs und in Städten teil. Gerry Link und Max Saesseli haben 1993 die Europameisterschaft für Seniorenpaare gewonnen. Bei den europäischen Mannschaftsmeisterschaften 1962 und 1971 erreichten die Schweizer Teams den dritten und 2016 den fünften Platz. Im Jahr 2022 wurde die Schweiz sogar zweimal Weltmeister: das Schweizer Nationateam im April und das U31 Team im August !

Wettbewerb

Die FSB hat im Wettbewerb für Vereine die höchste Nationalliga A und die niedrigere Nationalliga B mit jeweils acht Mannschaften. Diese spielen an zwei Wochenenden im November, Round Robin (alle Mannschaften spielen gegeneinander), am dritten Wochenende finden die Final- und Entscheidungsspiele statt.

Bridge in der Schweiz

Die unteren Ligen I-IV hingegen sind geografisch unterteilt (Ost, Süd, Nordwest, Nordost und Zentralschweiz). Diese Ligen sind in Mannschaften unterteilt, die an zwei Wochenenden auf der Grundlage eines Rundenturniers mit Auf- und Abstiegsmöglichkeiten spielen.

Die Mehrsprachigkeit des Landes spielt auch beim Bridge eine Rolle. In den meisten Bridgeclubs und  bei (regionalen) Turnieren wird häufig in den drei Landessprachen Italienisch, Deutsch und Französisch geboten und kommuniziert, ausserdem in Englisch und manchmal sogar in Rätoromanisch.

Zum Beispiel: Pik: pique, picche, palas und spade; Coeur: coeur, cuori, cours und hearts; Karo: careau, quadri, pizs und diamonds; und Treff: trèffle, fiori, cruschs und clubs.

Cercle de Bridge du Littoral Neuchâtelois 

 

Basler Bridge Gesellschaft

Der Name des Bridgeverbands ist französisch, aber sein Sitz ist in Zürich, einer deutschsprachigen Stadt. Die Spielregeln und -techniken unterscheiden sich nicht wesentlich von denen in anderen Ländern. Auch das Durchschnittsalter ist das gleiche, eine Gesellschaft älterer Menschen mit einigen jüngeren.

Die renommiertesten internationalen Turniere finden jedes Jahr in St. Moritz, Crans-Montana, Genf und Zürich statt. Auch grössere Städte und Dörfer haben ihre jährlichen Bridgeturniere.

Fédération Suisse de Bridge, Zürich; Archief Kulm Hotel, Suvretta House in St. Moritz. Belle-Époque Hotelmuseum Waldhaus, Flims.

Korrektorin: Petra Ehrismann